Episode 7 – Bernd Linnhoff, Journalist, Autor, Auswanderer, Blogger

 

Auswandern im Alter – Ein Traum für alle Menschen?

 

Bernd Linnhoff, Journalist, Autor, Auswanderer, Blogger

Der ehemalige Chefreporter Fußball des Sportinformationsdienstes (SID) und der deutschen Presseagentur (dpa), Bernd Linnhoff ist heute Herausgeber des weithin bekannten deutschsprachigen Blogs Faszination Fernost, auf welchem er sich mit seinen lesenswerten, unterhaltsamen und teilweise feuilletonistisch anmutenden Beiträgen die Kultur, das Reisen und das Leben in Thailand und ganz Südostasiens beschreibt.

Der Westfale lebt und arbeitet mit seiner thailändischen Frau in Chiang Mai im Nordwesten Thailands. In unserem Gespräch lässt uns Linnhoff an seinem faszinierenden Leben in einer für viele von uns fremden Welt teilhaben. Wir sprechen auch darüber, ob jede(r) überhaupt für das Auswandern gemacht ist, und worauf man achten sollte, bevor man ein solch großes Wagnis eingeht.

 

Wir beginnen mit König Fußball:

Vor seiner journalistischen Laufbahn war Linnhoff selbst Spieler der 2. Liga. Die Balance zwischen der Nähe zu den aktiven Spielern, und der für seinen Beruf notwendigen inneren Distanz, war für ihn immer eine Herausforderung. Gegen viele Spieler hatte er ja noch selbst gespielt. Die Spieler vertrauten ihn, und das konnten sie auch.

Das Spiel selbst sei im Vergleich zu damals wesentlich schneller, und die Rahmenbedingungen professioneller geworden. Auf dem Platz fällten die Spieler heute unter höchsten Zeitdruck blitzschnelle Entscheidungen oder müssten sich aus schwierigsten Situationen befreien. Das Niveau habe schier künstlerische Dimensionen erreicht. Er schaue sich Fußball deshalb auch heute noch furchtbar gerne.

 

Warum Deutschland 1990 endlich die WM gewonnen hat

DBJ: Wie hat sich der Beruf des Sportjournalisten verändert?

Linnhoff: Generell war das Verhältnis zu den Spielern enger. Damals sind immer nur wenige Reporter mit zu den Länderspielen gefahren. Bei der WM in Mexiko 1986 waren wir nur 30 Kollegen. Wie schon 1982 in Spanien wohnten wir mit der Nationalmannschaft unter einem Dach, was für beide Seiten unbefriedigend war. Teamchef Beckenbauer zog daraus für die WM 1990 die einzige richtige Konsequenz. Die Nationalmannschaft wurde in einem anderen Quartier untergebracht. Das war sicher einer der entscheidenden Faktoren für den Gewinn des WM Titels 1990 in Italien.

 

„Meine Entscheidung nach Thailand auszuwandern war wohl die beste Entscheidung meines Lebens“

DBJ: Nach weiteren Jahren der Selbstständigkeit bist Du 2008 nach Thailand gezogen. Wie kam es zu diesen Entschluss? Und warum?

Linnhoff: Das erste Mal war ich schon im Jahr 1994 in Thailand. Damals befand ich mich in einer Art Lebenskrise und begleitete einen Arbeitskollegen über die Weihnachtsferien dorthin. Ich reiste für vier Wochen im Golf von Thailand zu den Inseln Koh Samui, Koh Tao und Phú Quốc. Auf der Reise wurde mir bewusst, wie wenig ich an materiellen Dingen tatsächlich brauche, um glücklich zu sein. Es war eine beeindruckende und unfassbar schöne Zeit.

Seitdem fuhr ich jedes Jahr nach Thailand in den Urlaub gefahren, – meistens in den Süden, später dann auch mal nach Bangkok. Jedes Jahr habe ich mich auf diese Reisen extrem gefreut. In Phuket anzukommen, um wenig später auf dem Deck der Fähre liegend mit dem Kopf auf dem Rucksack zu dösen oder vorbeilaufende Passanten zu beobachten, war für mich der Inbegriff der Freiheit. Eine Freiheit, die ich so nicht kannte und die mich immer mehr in ihren Bann zog. Über die Jahre durfte ich auch immer mehr lokale Freundschaften eingehen.

Sylvester 2007 stand ich schließlich auf dem Balkon eines Freundes im 20. Stock und schaute auf die hell erleuchtete Hauptstadt. Und da kam es quasi über mich. Ich sagte mir: „Mein Gott; -hier warten auf Dich Abenteuer, neue Menschen, Erlebnisse!“ Der Entschluss stand somit fest. 9 Monate später war es dann so weit. Meinen 60. Geburtstag feierte ich als frisch Ausgewanderter in meiner neuen Heimat Bangkok.

Meine Entscheidung nach Thailand auszuwandern war die wohl beste Entscheidung meines Lebens.

 

„Ich wollte mit leichtem Gepäck reisen“

DBJ: Musstest Du viel in Deutschland zurücklassen?

Linnhoff: Ich war Single, und insoweit ungebunden. Was die materiellen Dinge angeht, musste mich vor allen von meinen über 1.000 Büchern und vielen CDs trennen. Ich wollte mit leichtem Gepäck reisen, – und zwar im wörtlichen, als auch im übertragenen Sinne.  Es ist ein eigenartiges Gefühl, wenn man nach 60 Jahren in Deutschland die Türen abschließt und genau weiß, es gibt kein zurück.

 

Über die Herausforderung Thai zu lernen!

DBJ: Inwieweit fühlst Du Dich in der thailändischen Gesellschaft integriert?

Linnhoff:  Generell habe ich hier schon viele lokale Beziehungen. Meine Frau ist Thai. Ich bin aber von Natur aus nicht jemand, der viel unter Menschen geht. Ich schätze eher die Gemeinschaft mit meinen engen Freunden. Meine zwei Versuche Thai zu lernen sind zugegebenermaßen gescheitert. Grammatikalisch ist die Sprache zwar einfach strukturiert. Das Thai ist aber sehr tonal. Ein Wort bekommt je nach Betonung eine völlig andere Bedeutung. Nachdem ich einmal eine Mutter durch meine falsche Aussprache zum Pferd erklärt habe, bleibe ich lieber vorsichtig.

 

Hier befindet sich Europa auf den Landkarten nicht in der Mitte!

DBJ: Welche Herausforderungen gibt es in dem Verhältnis zwischen Eingewanderten und Thais?

Linnhoff:  Ich bin manchmal ein wenig ratlos, wenn ich anderen Eingewanderten dabei zuhöre, wie sich einige über ihre Gastgeber beschweren. Manchmal bricht sich hier ein gewisses Überlegenheitsgefühl Bahn. Sätze wie „Die Thais lernen es nie!“ kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Thais reagieren darauf verständlicherweise ungehalten.

Man stelle sich mal umgekehrt vor, die in Deutschland lebenden Thais würden die Deutschen ständig kritisieren. Ich glaube, dass die Deutschen dann nicht anders reagieren würden.

Westliche Länder tendieren oft zu der Meinung, dass unsere Demokratie das Beste für alle Länder sei. Die Idee, unsere Demokratie auf Thailand 1:1 übertragen zu wollen, ist aber falsch. Sie würde zu dieser völlig anderen Kultur gar nicht passen. Thailand ist eine andere Welt.

Auf den Landkarten hier ist Europa ohnehin nicht in der Mitte!

 

„Die eigenen Kinder sind hier oft die einzige Altersvorsorge“

DBJ: Wie sieht das Verhältnis zwischen den jüngeren und älteren Thais aus?

Linnhoff:  Es gibt in Thailand faktisch keine Rente. Die Kinder sind oft heute noch die Altersvorsorge der Eltern. Die Menschen hören auf zu arbeiten, wenn sie nicht mehr arbeiten können oder wollen. Anschließend leben sie dann entweder von dem Geld ihrer Kinder oder gehören zu den wenigen, die es geschafft haben, sich Geld zur Seite zu legen.

Trotz eines stärker werdenden Mittelstandes ist Thailand immer noch ein Agrarland. Wie in anderen Ländern auch, ziehen viele junge Menschen vom Land in die Großstädte und unterstützen von dort aus ihre Familien. Dort ergeben sich dann neue Situation. Kommt beispielsweise eine junge Frau nach Bangkok, kann sie entweder für 12.000 Baht (€ 350,-) im Monat im Supermarkt arbeiten oder in einer Bar das drei- oder vierfache verdienen. Auch hier wünschte ich mir, von vorschnellen Pauschalverurteilungen abzusehen.

 

„Und wenn die Sehnsucht stark genug ist, fällt jede Mauer“ (Udo Jürgens)

DBJ: Es gibt viele die insgeheim davon träumen irgendwann einmal in ein anderes Land auszuwandern, und einfach noch einmal von vorne anzufangen. Wie kann jemand möglichst schon vorher schon feststellen, ob er oder sie für ein Leben in einem fremden Land wie Thailand überhaupt geeignet ist?

Linnhoff: Es gibt Auswanderungsbiografien, bei denen die Vernunft bei der Entscheidung eine tragende Rolle spielt, – etwa, wenn jemand aus finanziellen Gründen auswandert, weil die Lebenshaltungskosten im Gastgeberland niedriger sind.

Meistens, und so war es auch in meinem Fall, kommt der Auswanderungsgedanke aber mit der Sehnsucht in einem anderem Land leben zu wollen. Udo Jürgens sagt „Und wenn die Sehnsucht stark genug ist, fällt jede Mauer“.

Man sollte seine eigenen Bedürfnisse genau prüfen. Ideal wäre es, vorher einmal drei bis vier Monate an dem Ort der Sehnsucht zu verbringen. Im Urlaub kann man sich eigentlich immer mit einer fremden Kultur arrangieren. Im Alltag unterscheiden sich die asiatischen Kulturen von den westeuropäischen Kulturen teilweise extrem, was sich an vielen konkreten Beispielen festmacht. Diese konkreten Beispiele bekommt man im Urlaub gar nicht unbedingt mit.

Nach der Auswanderung durchlaufen die Ausgewanderten regelmäßig fünf Phasen, bevor sie endgültig heimisch werden.

  • Euphorie
  • Zweifel
  • Kulturschock
  • Akzeptanz
  • Leben

Bei mir persönlich dauerte dieser Zyklus zwei bis drei Jahre. Jede Phase hat ihre schönen Seiten.

Das alles sind aber keine Hinderungsgründe an sich. Viele Europäer, Amerikaner und auch ich sind hier glücklich und heimisch geworden.

 

„This is Thailand – Wer ein berechenbares Leben sucht, sollte vielleicht nicht gerade nach Thailand ziehen“

DBJ: In unserem Gespräch ist deutlich geworden, dass Thailand eine völlig andere Welt ist. Kannst Du das zum Abschluss mit einigen konkreten Beispielen belegen?

Linnhoff:  Ich mag groteske Situationen. Davon gibt es hier viele.  Wer ein berechenbares Leben sucht, sollte vielleicht nicht nach Thailand ziehen. Viele Ausländer erleben überraschende Geschichten.  Ich natürlich auch.  Drei Beispiele:

 

Wenn Traditionen über Befindlichkeiten gehen

Meine Frau und ich saßen bei einer befreundeten Familie zum feierlichen Essen auf dem Boden. Der Gastgeber bereitete mit seiner Hand speziell für mich eine mundgerechte Portion Fisch mit Reis vor.  Mir wurde aus großer Entfernung sofort klar, dass es furchtbar scharf und somit für mich nicht zum Aushalten sein würde. Ich schaute meine Frau hilfesuchend an. Sie reagierte aber nicht.  Ich fand aus der Situation selbst heraus. Später erklärte mir meine Frau, dass sie außer Stande war mir zu helfen, ohne gegen die Kultur und Tradition zu verstoßen, nach welcher die etwas jüngere Frau dem Mann so etwas einfach nicht ausschlägt. Meine Befindlichkeiten spielten in dem Moment offenbar eine untergeordnete Rolle.

 

Wenn Namen Glück bringen

Die Namenstruktur in Thailand ist sehr speziell: Wenn jemand das Gefühl hat, dass es gerade nicht so gut läuft, dann legt er oder sie sich oft einen Neuen Namen an und hofft, dass der neue Name mehr Glück bringt. Bei den Familiennamen ist das auch möglich, aber die Familie muss einen Namen wählen, der noch von keiner Familie besetzt ist. Zwei Familien können nicht den gleichen Namen tragen.

 

Wenn Zwillinge „heiraten“, um getrennt voneinander leben zu Können

Schon im alten Siam lebten der Buddhismus und der Animismus (Geisterglaube) in friedlicher Ko-Existenz zusammen. Auch heute noch beschäftigen sich Thais mit dem Übernatürlichen. Eltern von gemischten Zwillingspaaren richten beispielsweise eine Art Hochzeitszeremonie für ihre zwei- bis dreijährige Kinder aus.  Dem Glauben nach sind Bruder und Schwester in einem früheren Leben in tiefer Liebe miteinander verbunden gewesen, welche sie aus welchen Gründen auch immer nicht ausleben konnten. Durch die Geburt haben die Beiden nun eine neue Chance bekommen, um eine erfüllte Liebe zu finden. Durch die festliche Zeremonie wird dafür Sorge getragen, dass Bruder und Schwester in der Zukunft -getrennt voneinander- ein unbelastetes Leben können.

 

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Episode 6 – Frank Leyhausen, SENovation Award – Gründen für Senioren

Frank Leyhausen

 

 

„Erfolgreiche Gründer sprechen mit den Senioren, nicht über die Senioren“

 

Zur Person Frank Leyhausen:

Frank Leyhausen ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung MedCom international, die mit ihren Konzepten ihren Kunden hilft, die Zielgruppe der „dritten Generation“ effektiv zu erreichen.
Der Kölner ist bereits als junger Marketingmensch zum ersten Mal mit dem „Markt der grauen Schläfen“ in Berührung gekommen. Seither lässt ihn das Thema der alternden Gesellschaft nicht mehr los. Seine Entscheidung, sich mit MedCom diesem Thema ganzheitlich zu widmen, war also nur konsequent.


Der SENovation Award – „sich ein Beispiel nehmen an der amerikanischen Gründerkultur“

Die Idee zur Gründung des SENovation Awards kann ihm bei seinen Reisen in die Vereinigten Staaten, wo reihenweise innovative Produkte für den älteren Teil der Bevölkerung entwickelt werden. Es war für ihn frustrierend und gleichermaßen animierend zu sehen, wie so viel möglich ist in einem Land, das von seiner Altersstruktur deutlich jünger ist. Die dortige AARP, (das Pendant zur deutschen Seniorenliga,) hat mit seinen ca. 36 Mio. Mitglieder durch zahlreiche Initiativen die Start-up-Szene belebt. Diese Dynamik hat Leyhausen mit den SENovation -Award erfolgreich nach Deutschland gebracht. 20 % der Bevölkerung sind 65 Jahre oder älter: ein Riesenmarkt der Möglichkeiten.

Gegründet worden ist die Initiative von der deutschen Seniorenliga und der Signal Iduna Gruppe. Mit dem Award soll die Start-up-Szene in der DACH Region für die „Silver Economy“ sensibilisiert werden.

 

Ältere Menschen bei der Produktentwicklung mit einbeziehen

Frimeso: Mit den Start-up-Konzepten sollen „ältere Menschen bewusst angesprochen werden“ Wie gelingt das?

Leyhausen: Es gibt die klassischen Seniorenprodukte, wie etwa den Rollator. Bei vielen Produkten geht es aber gerade darum, dass man sich als Unternehmen die Mühe macht, ihre Produkte dem älteren Kunden verständlich zu erklären und ältere Menschen bei der Produktentwicklung mit einzubeziehen. Wenn Sie zum Beispiel eine APP entwickeln, sollte sie auch leicht bedienbar sein. Sprache muss so verwendet werden, dass sie auch vom Zielpublikum verstanden werden kann. Fachbegriffe und Anglizismen können dazu führen, dass sich Ältere von vornherein ausgeschlossen fühlen. Es geht also um einen ganzheitlichen Ansatz.


Deutschland liegt beim Gründen hinter Ländern wie den USA; es holt aber auf

Frimeso: Sie sagen auf Ihrer Homepage, dass Deutschland im Vergleich zu Ländern wie den USA keine klassische Start-up Nation sei. Warum ist das so?

Leyhausen: Wir haben noch nicht den gleichen Gründergeist. Unser sehr gutes Sozialversicherungssystem, das Beamtentum und ein robuster Arbeitsmarkt führen dazu, dass das Gründen vor allem als Risiko gesehen wird. Viele gründen daher neben dem Beruf. Man bleibt lieber erst einmal in seinem gut bezahlten Job. In den USA ist das Risiko seinen gut bezahlten Job zu verlieren, genauso groß, wie ein Start-up an die Wand zu fahren.


Gründen als Lifestyle -Konzept

Frimeso: Liegt das nicht auch daran, dass in Deutschland die Angst vor dem Scheitern eine viel Größere ist als wie zum Beispiel in den USA, wo das Scheitern zum „guten Ton“ gehört?

Leyhausen: Wir haben keine gute Kultur des Scheiterns. Wenn man in den USA scheitert, heißt es: ‚Und, was machst Du jetzt?‘ Wenn man in Deutschland scheitert, ist man oft als „Versager“ gebrandmarkt. Man bekommt automatisch Angst, gesellschaftlich ins Abseits zu geraten. Das ist schade, denn ich persönlich lerne eigentlich mehr aus meinen Fehlern. Fehler hinterfragt man. Erfolge feiert man.

Dennoch tut sich in Deutschland gerade unheimlich viel. Viele wollen etwas tun. Wir sind auf einem guten Weg. Vor allem hat sich die öffentliche Wahrnehmung geändert. Gründen ist jetzt „cool“. Es wächst eine neue Generation mit einem neuen Lifestyle-Konzept heran, die sich den Arbeitsalltag selbst gestalten will.

 

Sich auf die eigenen Stärken zu besinnen ist besser, als die Stärken anderer schlecht zu kopieren

Frimeso: In welchen Industrien gibt es heute generell die meisten Start-up Gründungen?

Leyhausen: Unsere Stärken liegen nach wie vor beim Ingenieurwesen. Aber auch in einigen Tech-Bereichen sind wir vorne mit dabei. Wir schauen generell zu viel nach Silicon Valley und wollen immer alles digitalisieren, obwohl wir doch in anderen Bereichen viel stärker sind. Wir sollten uns auf unsere eigenen Stärken besinnen. Das gilt auch beim „Age-Tech.“ Deutschland hat das größte lebende Labor der Welt. Wir sollten uns anschauen, was wir haben und darauf aufbauen. Das ist besser, als nach Amerika zu schauen und schlecht zu kopieren.


Die Zielgruppe der „Silver Economy“ – nicht zwingend eine Frage des Alters, sondern der jeweiligen Lebenssituation

Frimeso: Wie alt ist man denn, um zu der Zielgruppe der „Silver Economy“ zu gehören?

Leyhausen: Wir sind Gegner von 50+, 60+, 70+. Diese Segmentierung nach dem kalendarischen Alter macht keinen Sinn. Mein tatsächliches Alter interessiert mich wenig und beschreibt mich auch nicht in meiner Bedarfssituation. Wir leben und beraten nach dem Motto: “It’s not about age, it’s about stage“. Es ist egal, ob sie 40 oder 50 sind. Aber wenn sie in dieser Zeit pflegender Angehöriger werden, dann ändert sich ihr Leben. Dementsprechend sollten Start-ups ihre Kunden nach veränderten Bedürfnissen definieren.

 

„Erfolgreiche Gründer sprechen mit den Senioren, nicht über die Senioren“

Frimeso: Viele Start-up Gründerinnen und Gründer sind jünger als ihre Zielgruppe. Wie schaffen es diese jungen Menschen, sich in die älteren Kunden hineinzuversetzen?

Leyhausen: Wir haben einen ganz einfachen Slogan: ‚Mit Senioren sprechen, nicht über Senioren sprechen.‘ Viele Produkte werden mit besten Willen und besten Vorsätzen entwickelt. Senioren sollten aber schon früh in den Innovationsprozess als Sparringspartner, Kontrollinstanz oder sogar als Innovator mit eingebunden werden. Nur wer mit Senioren spricht, kann auch Empathie aufbauen. Ältere werden viel zu wenig gefragt.

 

Die digitale Zweiteilung als Herausforderung – gefragt sind Demut und Empathie bei der Produktentwicklung

Frimeso: Ist der ältere Konsument bereit für digitale Innovationen? Spielt die digitale Zweiteilung eine Rolle für innovative Start-ups? Nimmt der ältere Bevölkerungsteil digitale Innovationen an?

Leyhausen: Die digitale Zweiteilung gibt es. Laut dem Digitalindex für Deutschland gibt es immer noch knapp 12 Mio. Menschen in Deutschland, die überhaupt nicht digital sind. Dazu kommen ca. 40 % der Bevölkerung, die als „Minimal-Onliner“ digital im Abseits stehen. Digitale Start-ups haben die Herausforderung, diesen Bevölkerungsteil mitzunehmen. Die Bereitschaft zum Runterladen einer App ist eher gering. Daher müssen diese Leute eingewiesen werden, entweder persönlich oder zum Beispiel durch YouTube Videos.

Hier tut sich die Wirtschaft generell schwer. Viele Menschen sind den beschwerlichen Weg gegangen, sich ein Konto auf dem APP-Store einzurichten. Aber wenn sie dann unaufgefordert ein Update bekommen, wo auf einmal der Knopf rechts ist und nicht mehr links, grün und nicht mehr rot, frustriert das die Leute. Diese Menschen haben seit jeher die Fernbedienung benutzt und müssen nun mit einer volatilen Oberfläche umgehen. In den USA können die Senioren schon wieder Ihren Uber per Telefon bestellen, nachdem die Nachfrage per APP für das Unternehmen nicht ausreichend war. Die hiesigen Autohersteller sollten mit Demut zur Kenntnis nehmen, dass das Durchschnittsalter der Autokäufer bei 52 Jahren liegt.


Zwei der bisherigen Gewinner: Pflegix, das Pflegeportal und Rufus, der Telefonfilter

Frimeso: Können Sie ein oder zwei der Gewinner hervorheben?

Leyhausen: Im Jahr 2018 hat bei uns die Plattform Pflegix gewonnen. Das Konzept war überzeugend. Pflegix führt selbstständige Pflegekräfte sowie die nach Pflegekräften suchenden Familien zusammen. Heute sind sie Teil einer international agierenden Gruppe.
Letztes Jahr gewonnen hat Rufus- Der Telefonfilter, ein junges Start-up, dass sich der Thematik des Telefonbetrugs widmet. Jährlich werden in Deutschland Millionen an Euro durch Kriminelle ergaunert, die mit dem Enkeltrick oder als falscher Polizist Menschen am Telefon betrügen. Das Start-up hat mit dem Telefonfilter eine Box gebaut, die zwischen Anschluss und Telefon installiert wird. Je nach Wunsch werden unbekannte oder geblockte Nummern herausfiltert. Für unbekannte Nummern gibt es aber auch die Option, dass die Anrufer sich erst identifizieren müssen oder zustimmen, dass die Gespräche aufgenommen werden. Rufus haben während der Entwicklung mit der Polizei, Universitäten und der Caritas zusammengearbeitet und einen Feldtest bei 100 Haushalten durchgeführt. Die Box wurde von über 99 % genutzt. Das Unternehmen hat auch darauf geachtet, dass bereits gelernte Bedienelemente benutzt werden wie zum Beispiel die Bedienung via Telefon. Es gibt keine App und keine Oberfläche. Ein einfaches Produkt, dass den Menschen Lebensqualität und Sicherheit vermittelt. Ein echtes Seniorenprodukt.

Frimeso: Gibt es auch andere besondere Beispiele von Teilnehmern, die nicht gewonnen haben, ihnen aber aus anderen Gründen in Erinnerung bleiben?

Leyhausen: Ein 66-jähriger Ingenieur hat für seine 90-jährige Mutter mit einem 3-D Drucker eine Plastikscheibe mit Öse hergestellt, die zwischen Deckenmagnet und den Rauchmelder geklemmt wird. Die Mutter konnte dann den Rauchmelder im Falle eines Fehlalarms einfach mit dem Besen runterholen, ohne auf einen Stuhl klettern zu müssen. Eine Einreichung betraf ein Portal, welches Leihühner vermittelt. Leihühner werden in der Demenztherapie als Streicheltiere eingesetzt. Es gibt Anbieter, die Leihühner zu Pflegeeinrichtungen bringen. Mit dem Portal können Hühnerhalter nun ihre Hühner vermarkten.

SENovation Awards 2021
Eckpunkte des SENovation- Awards:

 

Teilnahmevoraussetzungen:
Es werden zwei Unternehmenstypen gekürt:

  • Junge Startups, (maximal drei Jahre alt)
  • Vorgründer, die noch gründen wollen und ein schlüssiges Konzept vorweisen können.

Das Produkt muss eine Relevanz für Ältere haben und auf dem Markt etablierbar sein.

 

Fristen:
Bewerbungsschluss: 30.Juni.
Finale: 22. September.
Bewerben kann man sich auf der Webseite des SENovation Awards

 

Vorteile:
€5.000 pro Gewinner und je nach Bedarfslage intensives Coaching der Unternehmen
Alle Teilnehmer profitieren von der enormen Sichtbarkeit durch die Teilnahme
Jurymitglieder sind der Geschäftsführer der Deutschen Seniorenliga und der CEO der Signal Iduna Gruppe sowie eine bunte Expertengruppe aus den verschiedensten Disziplinen. Es wird auch vor einer Seniorengruppe gepitcht.

Episode 5 – Dr. med. Stefan Woinoff, Der Experte für die Liebe

Eine Liebe ist immer groß

 

Zur Person Dr. Woinoff:

Herr Dr. Woinoff ist seit über 30 Jahren niedergelassener Arzt und Psychotherapeut mit eigener Praxis im Herzen von München. Neben der Einzeltherapie widmet sich Woinoff der Paartherapie sowie der Gruppentherapie.
Woinoff ist auch Autor von zwei Büchern. Die Idee für sein Buch “Überlisten sie Ihr Beuteschema“   entstand, als er merkte, dass ihn immer mehr Frauen zwischen 35 und 40 Jahren aufsuchten, die beruflich alles richtig gemacht hatten, aber nicht den richtigen Partner fürs Leben fanden. Dies lässt darauf zurückzuführen, dass Frauen oft nach jemanden suchten, der ihnen auf beruflicher Ebene mindestens gleichgestellt sei. Die beruflich unabhängige Frau sollte aber eher nach ihrem Herzenskandidaten Ausschau halten.  Der Beziehungsratgeber “Er steht auf Dich!” erklärt, wie man mit seinem Charaktertyp am besten einen Partner findet, und dass sich unterschiedliche Charakterzüge wunderbar ergänzen können.
Schließlich berät Woinoff auch noch das Kennenlern-Portal 50plus-treff.de, wo er die Botschaft unterstützt, dass Menschen ab 50 die Freiheit haben einen Partner zu wählen. Man könne sich wieder ganz neu, wie etwa in der Jugend und in der Studentenzeit, verlieben.

Beziehungen im Wandel

Frimeso: Wie haben sich Beziehungen im Laufe Ihrer langjährigen Tätigkeit verändert?

Woinoff: Männer hatten früher klassische Anforderungen als Ernährer zu erfüllen. Die Frauen nahmen oft die Rolle der Hausfrau ein. Das hat sich alles gewandelt. Karriere und Bildung spielen die gleiche Rolle wie bei den Männern. Die Anforderungen sind für beide Seiten dabei deutlich gestiegen. Jetzt sind beide Geschlechter für alles zuständig.

„Singles fühlen sich in Zeiten von Corona noch einsamer als zuvor“

Frimeso: Viele Alleinstehende trifft die derzeitige Corona-Krise besonders hart. Fühlen sich Singles in diesen Zeiten besonders einsam?

Woinoff: Singles fühlen sich oft noch einsamer, als sie sich schon vorher gefühlt haben. Die Tatsache, dass sie zu Hause im Homeoffice sitzen und aufgrund der Bestimmungen auch nicht eingeladen werden, ist ein Riesenproblem. Eine Patientin erzählte mir, dass ihr einfache Berührungen mit den Kollegen am Morgen fehlen. Seit Wochen hat sie kein Mensch mehr berührt. Wenn dann noch die Familie weit weg wohnt, ergeben sich daraus schwierige Situationen.

Frimeso: Können junge Menschen sich wie alte Menschen einsam fühlen, oder fühlt man sich eher allein?

Woinoff: Das Gefühl einsam zu sein, können alte und junge Menschen gleichermaßen haben. „Einsam sein“ und „allein sein“ ist dabei nicht unbedingt dasselbe. Man kann allein sein und fühlt sich nicht einsam. Man kann sich einsam fühlen und ist dabei mitten in einer riesigen Gesellschaft. Einsam ist eigentlich das Gefühl von allem ausgeschlossen zu sein. Gehirnmorphologische Untersuchungen haben ergeben, dass dieses Gefühl der Einsamkeit dort funkt, wo im limbischem System  das Schmerzzentrum sitzt. Einsamkeit tut weh! Es ist ein lebensbedrohlicher, emotionaler Zustand. Das lässt sich aus der Evolutionsgeschichte herleiten.  Damals konnte man nur in Sippen überleben. Der der ausgeschlossen wurde, war dem Tod preisgegeben.

Dr. Stefan Woinoff: Er steht auf dich
Dr. Stefan Woinoff: Er steht auf dich

Die große Liebe – Jede Liebe ist groß!

Frimeso: Gibt es eigentlich die „große Liebe“?

Woinoff: Gegenfrage: Gibt es eigentlich eine kleine Liebe? Nein, jede Liebe ist groß! Liebe ist ein wunderbares Gefühl. Mann kommt heraus aus dem Nebeldunst des Verglichen-Werdens und des ständigen Abwägens. Liebe ist wonach wir alle mit Recht streben. Manchmal sind Menschen unheimlich ineinander verliebt, passen aber dann im Alltag nicht zueinander. Sie sagen dann oft, „das ist immer noch der Mann oder die Frau, mit dem ich meine Familie gründen will.“  Auch das ist ok.  Eine ruhige Liebe kann eine große Liebe sein.

Frimeso: Wieviel Prozent der Ehen oder Partnerschaften halten „ewig“? Wie viele glückliche Ehen gibt es?

Woinoff: Die Scheidungsrate hat wieder deutlich abgenommen. Ein Drittel der Ehen lassen sich scheiden. Die durchschnittliche Ehe hält 14 Jahre. Viele Ehen lassen sich entweder früh scheiden, etwa mit dem ersten Kind und dann wieder später, wenn die Kinder aus dem Haus sind.

„Corona wird mehr Kinder hervorbringen und auch mehr Scheidungen.“

Frimeso: Viele Partner arbeiten heute aufgrund der Corona-Krise den ganzen Tag zu Hause. Abends gibt es auch nicht viele Möglichkeiten, sich aus dem Weg zu gehen. Ist die Corona – Krise ein Beziehungskiller?

Woinoff:  Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Einige finden das ganz gemütlich und sitzen dann noch abends mit dem Partner und den Kindern zusammen. Die, die sich im Urlaub gut verstehen, verstehen sich auch generell gut während der Pandemie. Diejenigen, die sich nur noch verstehen, weil man sich aus dem Weg geht, gehen sich zurzeit ganz schrecklich auf dem Wecker. Dann kracht es auch mal. Corona wird mehr Kinder hervorbringen und auch mehr Scheidungen.

Frimeso: Oft leben sich ältere Paare auseinander, die schon länger miteinander zusammen sind. Was sind die genauen Gründe für eine Trennung?

Woinoff: Die Gründe sind im Einzelfall unterschiedlich. Grundsätzlich trennen sich Menschen aus zwei Hauptgründen: Sie hoffen, dass es was Besseres gibt, oder sie sind einfach in ihrer Beziehung unglücklich. Die Trennung geht oft eher von den Frauen aus. Sie sucht sich mit 30 den Mann für die Familiengründung und wendet dementsprechend bei der Auswahl objektive Kriterien an. Ob er Seelenpartner oder sexuell der ideale Partner ist, spielt dabei oft nicht die entscheidende Rolle. Wenn die Kinder dann aus dem Haus sind, überlegt sie sich, ob sie denn wirklich ihr Leben lang mit diesem Partner zusammenleben will. Unzufriedenheit gibt es sowohl bei Männern und Frauen. In meiner Praxis erlebe ich aber, dass Männer sich eher mit der jeweiligen Situation arrangieren. Der Mann behält eher ganz im Sinne einer soliden Doppelmoral den Schein und macht weiter.

Liebe und Einsamkeit im Alter

Frimeso: Gibt es eigentlich Menschen, die sich bewusst dafür entscheiden, allein zu leben und keine Partnerschaften einzugehen?

Woinoff: Das gibt es schon. Menschen haben dann in der Regel andere Bezugspersonen, zum Beispiel die Kinder. Es muss also nicht immer der Partner sein. Es gibt, übrigens, auch einige, die sich nicht mehr trauen, weil sie schon einmal das „Gesamtpaket“ hatten und es nun nicht wieder wollen. Man kann aber auch eine Beziehung führen, in der man nicht zusammenwohnt, und wo man nur die Sachen macht, die man eben gerne und gut zusammen macht.

Sex und Zärtlichkeit im Alter: Ein unnötiges Tabu, dass unbedingt aufgegeben werden muss.

Frimeso: Ein Tabuthema scheint immer noch das Thema Sexualität in älteren Lebensjahren zu sein. Ist Sexualität wichtig oder nimmt ihre Bedeutung im Laufe des Lebens ab?

Woinoff: Die Bedürftigkeit nach Sex nimmt natürlich im Laufe der Zeit ein wenig ab. Das wird aber kompensiert durch ein stärkeres Bedürfnis nach Zärtlichkeit und nach Berührung. Viele alte Menschen werden nicht mehr berührt. Das liegt auch daran, dass vor allem in der Werbung Sex und Zärtlichkeit immer mit schönen, jungen Menschen verbunden wird. Die alten Menschen trauen sich dann nicht mehr, diese Bedürftigkeit auch zu zeigen. Aber das ist falsch. Es gibt genügend alte Menschen, die sich genau das geben. Zärtlichkeit und Sexualität kann bis ins höchste Alter stattfinden. Dieses Tabu sollte unbedingt aufgegeben werden.

Glücklich sein trotz Trauer

Frimeso: Wenn der Partner oder die Partnerin stirbt, trauert naturgemäß der oder die andere. Wie lange hält Trauer vor und wie begegnet man Trauer und Einsamkeit am besten?

Woinoff: Es gibt viele Möglichkeiten der Trauer zu begegnen, aber das zuverlässigste Mittel ist die Partnerschaft. Auch die Dauer ist unterschiedlich. Ein Jahr sollte man sich auf jeden Fall zugestehen zu trauern. Es gibt Menschen, die ein Leben lang ein bisschen trauern. Sie können aber trotzdem glücklich sein und auch eine neue Partnerschaft eingehen. Normalerweise gibt es verschiedene Trauer Phasen:  Nach der anfänglichen Schock- und Stressreaktion, die durch einen erhöhten Cortison- und Adrenalin-Ausstoß gekennzeichnet ist, gelangt man dann in ein anderes Nervensystem, dem sog. Parasympathikus, wo es dann zur Beruhigung, aber auch zu einem Gefühl der Bedrücktheit bis hin zur Depression kommt. Man sollte sich diesen Phasen unbedingt hingeben und sie zulassen. Irgendwann wird wes besser, und es kommt zur Neuorientierung.

Frimeso: Ist Liebe im Alter anders als Liebe in jungen Jahren?

Woinoff: Liebe ändert sich. Trotzdem kann Liebe im Alter auch verrückter sein als unter jungen Menschen, die sich manchmal einem Optimierungswahn hingeben. Wenn erstmal die Glückshormone zuschlagen, dann steigen die Luftballons genauso auf.  Im Alter akzeptiert man sich mehr so wie man ist.  Die vielen Dinge, die einem selbst stören, sind oft die Dinge, die der Partner gerade mag. Man weiß oft gar nicht, was man für Reichtümer hat, weil man sie als selbstverständlich erachtet. Und für den anderen ist das was ganz Tolles und Neues. Das wollte ich auch in meinem Buch  “Er steht auf Dich!” darlegen. So wie man ist, ist man genau richtig! Perfektion und Menschlichkeit schließen sich aus. Niemand ist perfekt!

Frimeso: Was tun gegen Einsamkeit? Haben Sie Tipps? Liebe im Internet?

Woinoff: Die Liebe im Internet zu finden ist heute möglich und Sie bietet eine sinnvolle Ergänzung zum Kennenlernen in der freien Wildbahn. Natürlich bleibt das Kennenlernen in Alltagssituationen relevant wie eh und je. Aber Online -Portale wie 50plus-treff.de sind heute sehr seriös und benutzerfreundlich und vertrauenswürdig.  Auch fühlen sich ältere Menschen bei solchen Partnern Börsen unter sich und konkurriert nicht mit den jungen Menschen. Ich kann den Menschen nur Mut machen, auch diese Portale auch zu benutzen.

Weitere Informationen:

• zum Moreno Institut für Psychodrama, Soziometrie und Gruppenpsychotherapie Edenkoben / Ueberlingen: https://www.moreno-psychodrama.de/
• zur Single-Plattform für Menschen ab 50: https://www.50plus-treff.de/
• zur französischen Version der Single-Plattform für Menschen ab 50: https://www.club-50plus.fr
• zur Tätigkeit von Herrn Dr. Woinoff: http://woinoff.de/

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Episode 4 – Josef Rankl, der Social Media Berater

Social Media Berater, Josef Rankl

 

Über den wachsenden Einfluss der sozialen Medien 

Zur Person, Josef Rankl:  

Der Social Media Berater mit den zwei Sprachen: Die Sprache der digital Natives und die Sprache der „älteren Generation

Seit etwa 10 Jahren ist Josef Rankl Unternehmensberater. Rankl hat vorher schon viele Jahre Erfahrungen in Führungspositionen im Bereich Marketing bei großen Verlagshäusern, im Versandhandel und anderen bekannten Unternehmen gesammelt. In dieser Zeit hat er die Anfänge von Social Media hautnah miterlebt. Man kann ihn also ruhigen Gewissens als einen modernen Veteranen der Sozialen Medienwelt bezeichnen, der den Umgang mit Social Media von der Pike auf gelernt hat. Heute arbeitet er als erfolgreicher Social Media Berater mit Unternehmen aus den verschiedensten Branchen in München und ganz Deutschland zusammen. Auch teilt er sein breites Wissen als Dozent und als Branchen-Influencer mit seinen zahlreichen Followern auf den verschiedenen Plattformen.

Dabei spricht der Social-Media-Berater zwei Sprachen: Die der Digital Natives und die der „älteren Generation. Das ist insofern wichtig, da in vielen Unternehmen Menschen in Verantwortung stehen, die keinen oder nur begrenzten Kontakt mit Social Media haben. Diese Führungskräfte wissen und spüren, dass Sie um eine tragfähige Social Media Strategie nicht herumkommen.

Was unabdingbar ist, um in diesem Beruf erfolgreich zu sein? Laut Rankl muss ein erfolgreicher Social Media Manager eine Eier-legende Wollmilchsau sein. Denn neben dem unabdingbaren Marketingwissen braucht es auch Fähigkeiten aus den unterschiedlichsten Bereichen, die sich auf seinen Beruf vereinigen.

Oft beginnt seine Arbeit mit Strategieberatung. Denn bevor es losgeht lohnt es sich in die Tiefe zu gehen und die Zielgruppen zu definieren. Daraus ergibt sich oft schon welche Plattformen man mit welchen Themen entwickeln sollte. Eine erfolgreiche Präsenz in Social Media bringt immer auch Veränderungen in Unternehmensorganisation, Arbeitsprozessen und Unternehmenskultur mit sich.  Er nennt das Sozialisierung und Sensibilisierung auf allen Ebenen des Unternehmens. 

 

Kurzüberblick über die wichtigsten Plattformen

Zum Einstieg bitten wir Josef Rankl die wichtigsten Plattformen mit möglichst wenigen Worten zu umschreiben:

‘Twitter? ‘ Relevanz

‘LinkedIn / Xing?’ Klassisches Business-Marketing, Social Selling, Social Recruiting und Employer Branding 

‚Facebook?‘- Reichweite  

Instagram?‘ Originär für emotionale Bildsprachen. Kreativer Pool. Ideen. Die Plattform ist aber gewachsen und vereint nun noch mehr Funktionen auf sich.

‚Pinterest?‘ Bilder, die gefallen. Hauptsächlich ist Pinterest eine Traffic Maschine für online-shops mit der Zielgruppe Frauen. 

‚Snapchat?‘ Vieles kann heute mit Instagram abgedeckt werden. Die rezenten Wachstumszahlen beziehen sich hauptsächlich auf den amerikanischen Markt. 

‚Tiktok?‘ Micro Video Content (MVC). Sehr kreativ. Zielgruppe Jugend.

‚Clubhouse?‘: Dort geht es um das gesprochene Wort. Alle die Podcasts lieben, werden Clubhouse lieben. Audiothemen.

 

Ich veröffentliche das, was meinen Followern einen Mehrwert bringt.

Frimeso: Wie entscheiden Sie darüber, ob Sie etwas veröffentlichen oder nicht? Haben Sie für sich Kriterien entwickelt?

Rankl: Ich poste, was meinen Kunden und Followern einen Mehrwert bringt. Mein Versprechen: Ich informiere auf meinen Kanälen über relevante Informationen im Bereich Social Media. Die Ausgestaltung variiert dann unter Umständen je nach Kanal. 

Frimeso: Haben Sie ein Lieblingsnetzwerk?

Rankl: Ich mag sie alle, aber wenn ich eines aussuchen müsste, wäre es tatsächlich Facebook. Facebook ist nach wie vor die größte Plattform mit der größten Reichweite, einem tollen Funktionalitätshintergrund und bietet Möglichkeiten für die Werbung. Dementsprechend landen viele Unternehmen auf Facebook, weil sie da am effizientesten Werbung schalten und Zielgruppen erreichen können. Instagram macht auch Spaß. LinkedIn kommt gerade immer mehr. Wenn man auf Tiktok sein Angebot tanzen will, dann ist das schön und exotisch. Man weiß aber nicht immer, wo man landen wird.  Man kann auch mal in einen Hype eintauchen, wie jetzt bei Clubhouse. Snapchat kam wieder und man weiß noch nicht, ob es wieder geht. Google plus ging. Facebook bleibt. 

Frimeso:  Wie ordnen Sie den eigenen Blog oder die eigene Webseite im Hinblick auf das Social Media Marketing ein? 

Rankl: Das Zentrum des Social Media Marketings ist fast immer die eigene Webseite. Die Aktivitäten gehen dann konzentrisch nach außen.  In 95% aller Fälle ist das strategische Ziel, Traffic auf die eigene Webseite bzw. den eigenen Blog zu bringen. Dort befinden sich dann die Angebote zum Versilbern.

 

Die Vergangenheit älterer Menschen ist analog: Da kann nicht viel passieren!

Frimeso:  Ausnahmen bestätigen die Regel, aber oft tun sich ältere Menschen mit ihren eigenen Social Media Auftritten schwer. Woran liegt das? 

Rankl:  Am Anfang gab es sicherlich Berührungsängste. Vor 10 Jahren kamen beispielsweise diese Horrorgeschichten mit überlaufenen privaten Geburtstagsfeiern auf, nachdem junge Menschen ihre Geburtstagsfeiern veröffentlicht hatten. Immer wieder gibt es Geschichten über die Social-Media-Sucht. Dokumentationen, wie die kürzlich erschienene Netflix Dokument Ion The Social Dilemma „zeigen die Problematiken anschaulich. 

Nachteile gibt es natürlich. Es ist aber ganz normal. Denn wenn man ein so starkes Instrument wie das der Social Media hat, dann gibt es immer Licht und Schatten. Man muss sich herantasten. Den älteren Menschen kann ich immer beruhigen, indem ich sage: ‚Unsere Vergangenheit ist analog, da kann nicht viel passieren.‘ Bei den Jugendlichen ist die Gefahr, dass sie viel posten, was nicht auf Social Media gehört. Ein 16-jähriger weiß noch nicht, dass er in 15 Jahren Rechtsanwalt oder Bürgermeister ist. Ihm ist nicht bewusst, dass er eine einmal eine digitale Vergangenheit haben wird, die er evtl. irgendwann bereuen könnte. Uns älteren passiert das nicht.

 

Die meisten können schon Social Media, ohne es zu wissen!

Frimeso: Was raten Sie älteren Einsteigewilligen? Haben Sie Tipps für den erfolgreichen Umgang?

Rankl: Ich schlage manchmal älteren Unternehmern und Unternehmerinnen vor, dass noch bevor wir zusammenarbeiten, es sinnvoll wäre, sich selbst erst einmal von zu Hause aus in der Social Media Welt umzuschauen umso die Atmosphäre zu verinnerlichen: ‚Redet mit Euren Kindern. Die können Euch helfen.‘

Es gibt nämlich verschiedene Aktivitätsstufen von Social Media: Man kann erstmal reinhören, und schauen, was eigentlich gepostet wird. Dann kann ich anfangen zu kommentieren und so weiterarbeiten. Vielleicht traue ich mich dann auch mal ein Post verfassen.

Man sollte nur ein paar Grundprinzipen beachten: ‚Poste nicht, was Du nicht am schwarzen Brett Deiner Schule oder ins Rathaus hängen würdest. Kommentiere immer sachlich, was in der vermeintlichen Anonymität für viele nicht immer selbstverständlich ist.‘ 

Es lohnt sich auch erstmal mit einem Kanal anzufangen. Wenn man anfängt sich auf einem Kanal auszukennen, schaut man sich die anderen an. Die Grundprinzipien von teilen, schreiben und kommentieren sind überall gleich. 

Allerdings können die meisten schon Social Media, ohne es zu wissen: Heute freuen sich immer mehr ältere Menschen darüber sich per Video Chat mit Ihren Enkeln unterhalten zu können.  Über 60 Mio. nutzen WhatsApp in Deutschland. Das ist auch Social Media

Frimeso: Ist Social Media Marketing schwieriger für Firmen, die traditionell eine ältere Klientel bedienen? Ich denke da zum Beispiel an Kreuzfahrt-Unternehmen, Hotels in Kurorten, Pflegeprodukte für Ältere usw.

Rankl: Unterhemen mit älteren Zielgruppen haben es schwerer als Unternehmen mit ganz jungen Zielgruppen. Trotzdem kommen diese Unternehmen nicht an Social Media vorbei. Die älteren Menschen werden immer kompetenter. Es tummeln sich immer mehr ältere Menschen auf den Sozialen Pattformen. Nehmen Sie Facebook: Dort flüchten die unter 30 Jährigen. Trotzdem bleibt die Reichweite bestehen, weil die Älteren Facebook überfluten. Wir haben dort schon einen recht hohen Altersdurchschnitt.

Schauen Sie auch auf Instagram mit seinen über 20 Mio. aktiven Nutzern in Deutschland. Das sind bei weitem nicht nur Jugendliche. Dort gibt es wahnsinnig erfolgreiche Accounts wie Schokoladenjahre. Fashion für 50 Plus, Fitness ü 40 usw. Die Angebote gibt es und werden gut angenommen. Gerade für Kreuzfahrten findet man jede Menge relevante Zielgruppen auf Social Media. Das sind Themen, die ich mit Emotionen und Bildern gut spielen kann. 

Diese Unternehmen sollten also tunlichst damit anfangen, jetzt Social Media Strategien zu entwickeln. Es führt kein Weg geht daran vorbei und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Social Media Kompetenz bei älteren komplett ausgeprägt ist.

 

Influencer Marketing: Eine gute Investition für viele Unternehmen

Frimeso: Dem Influencer-Marketing kommt eine immer größere Bedeutung zu. Wie sehen Sie diese Entwicklung? 

Rankl: Ich arbeite auf beiden Seiten des Influencer Marketings: Auf der einen Seite betreue ich Influencer. Auf der anderen Seite entwickle ich das Influencer-Marketing mit meinen Kunden.  

Das Influencer Marketing ist ein sehr wichtiges, effektives, sehr günstiges Marketinginstrument.  Ich definiere Influencer Marketing so: Ein Influencer ist eine vertrauenswürdige, bekannte und beliebte Persönlichkeit mit einer digitalen Reichweite. 

Dem Laien kommen Bilder in den Kopf, die junge Frauen auf Instagramm zeigen. Das ist aber nur ein Bruchteil des Influencer-Marketings. Ich selbst bin zum Beispiel bin bei Brands and Sensations als Micro-Influencer für Twitter im Bereich Marketing gelistet. Sportler mit digitaler Präsenz sind Fachleute. Wenn diese dann für Training Tipps zum Training geben, dann sind das Influencer.  Das sind Menschen, die besondere Erfahrungen gemacht haben, Glaubwürdigkeit besitzen und denen man es eben auch abnimmt, dass sie es können. Wenn diese Menschen dann auch noch über eine mediale Reichweite verfügen, sind die für das Social Media Marketing relevant.

Das Influencer Marketing lohnt sich für viele Unternehmen. Auf Instagram liefern modische Frauen guten Content und haben 100.000 oder 200.00 Follower. Dann sind Posts für eine Modemarke für €5.000 bis € 10.000, ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass sie ansonsten einen Modefotografen und Models einstellen müssten. Ein solches Modeshooting dauert meistens ein bis zwei Tage und findet am besten noch in Kapstadt statt, um möglichst schönes Wetter zu haben. Schließlich muss die Werbung noch in Hochglanzzeitschriften geschaltet werden. Wenn man das alles zusammenrechnet und überlegt, wie einfach eine gute Fashion-Influencerin über Instagram Kunden erreichen kann, kriegt man sehr schnell ein Gefühl dafür, wie interessant das ist. 

 

Social Media Auftritt bei Selbstständigkeit

Frimeso: Es gibt immer mehr Menschen, die sich selbstständig machen. Auch gibt es viele Menschen, die nach dem aktiven Berufsleben, noch einmal eine Aufgabe annehmen oder sich für eine ganz bestimmte Sache einsetzen wollen. Oft ist die Abgrenzung schwierig zwischen einem professionellem und einem persönlichen Account?

Rankl: Da gibt es eine salomonische Antwort: Bei Menschen wie mir, wo ich selbst auch das Produkt als Berater bin, ist es der Name. Wenn das Produkt nicht ich bin, dann kann es die Marke sein, die das Produkt besser symbolisiert. 

 

Der Blick in die Kristallkugel: Der Einfluss der sozialen Medien wird weiter steigen

Frimeso: Was für eine Rolle wird Social Media in der Zukunft spielen?

Rankl: Social Media wird auch in Zukunft einen großen Stellenwert haben. Der Zugang zu Informationen, verbunden mit der sozialen Komponente ist einfach ein starker Treiber. Der Stellenwert wird sogar weiter steigen. Letztes Jahr waren es zum ersten Mal so, dass bei den unter 30-Jährigen mehr Bewegtbilder im Internet gesehen wurden als im klassischen Fernsehen. Früher war diese Art von Entwicklung bei den Printmedien zu spüren. Heute scheint es die gleiche Entwicklung beim Fernsehen zu geben. Radio wandert in den Podcast. Die Mediennutzung geht insgesamt immer stärker in den Bereich der Social Media. Wir haben Kino Werbung, Anzeigen in den Wochenblättern und Plakate. Aber das wird weniger. Werbebriefe, und der Ikea-Katalog, quasi die Bibel der Waren-Kataloge, wurde gerade eingestellt. Das sind alles Anzeichen, dass es in eine Richtung geht.

 

Weitere Informationen zum Social Media Berater Josef Rankl:

 https://emarcon.de/

 

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Episode 3 – Michael Will, Digitale Heinzelmännchen

Die Technik kommt zum Schluss: Wir gehen immer erst auf den Menschen ein. Dann schauen wir erst was die beste Lösung ist

 

Die Digitalen Heinzelmännchen ein Unternehmen mit sozialen Mehrwert

Frimeso : Können Sie sich bitte selbst vorstellen?

Will: Ich heiße Michael Will, werde demnächst 60 und habe drei Kinder. Ich bin im Schwabenland aufgewachsen und wohne seit 14 Jahren hier in Köln. 35 Jahre meines Lebens habe in einem internationalen IT-Konzern verbracht. Vor vier Jahren habe ich mich dann entschlossen noch mal was ganz Neues auszuprobieren und die Digitalen Heinzelmännchen gegründet.

Frimeso : Könnten Sie vielleicht mehr über die Gründerphase erzählen und wie sie auf den Namen digitale Heinzelmännchen gekommen sind?

Will: Ich wusste eigentlich schon, dass ich ein Unternehmen gründen wollte, dass gleichzeitig einen sozialen Mehrwert mit sich bringt. Auch wollte ich meine langjährigen Erfahrungen mit einbringen. Am Anfang stand eine grobe Idee, die dann immer konkreter wurde. Nach etwa einem halben Jahr sagte ich mir: Daraus könnte wirklich was werden!

Der Idee das Unternehmen Digitale Heinzelmännchen zu nennen, ist im Rahmen eines Existenzgründungskurs in der Gruppe entstanden.  Für mich war es wichtig, einen Namen zu finden mit dem die Kölner sich identifizieren können. Gleichzeitig sollte der Namen die digitale Welt miteinschließen. Es gibt allerdings einen Unterschied zu den früheren Heinzelmännchen: Wir arbeiten hauptsächlich tagsüber und die Heinzelmännchen waren der Sage nach die fleißigen Helfer in der Nacht.

Frimeso : Wer sind Ihre Kunden und welchen Themenschwerpunkten widmen Sie sich hauptsächlich?

Will:  Unsere Devise heißt: Egal wo der digitale Schuh drückt, wir helfen Ihnen! Es kann sich dabei um Fragen der richtigen Hardware oder auch um das Internet selbst handeln. Oft fällt es unseren Kunden schwer zu definieren, wo eigentlich die Herausforderung liegt. Deswegen ist es eben wichtig, dass unser Angebot ein umfassendes ist.

Wir arbeiten vorwiegend mit Kunden und Kundinnen zwischen 60 und 80. Wir lehnen keine jüngeren Kunden ab, aber natürlich tut sich die jüngere Generation mit der digitalen Technologien leichter als viele ältere Menschen.

Frimeso : Wie sieht der berufliche Alltag der Digitalen Heinzelmännchen aus?

Will:  Für viele Kunden ist es einfacher, wenn wir zu Ihnen nach Hause kommen. Es geht aber auch darum, ihre Infrastruktur vor Ort zu verstehen. Dort machen wir dann auch in der Regel unsere Beratung. Wir sind also viel unterwegs

Zuerst der Mensch, dann die Technik

Frimeso : Abgesehen vom beruflichen Fachwissen und im Hinblick auf Ihren speziellen Kundenstamm, nach welchen Kriterien wählen Sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus? Könnten Sie in diesem Zusammenhang auch die Philosophie ihres Unternehmens beschreiben?

Will: Qualifiziertes Wissen ist unabdingbar, um Kundenzufriedenheit zu gewährleisten. Auf der anderen Seite braucht es menschliche Kompetenz. Unsere Mitarbeiter müssen ihr Wissen gut vermitteln zu können. Unser Konzept ist es nicht, einfach nur Probleme zu lösen. Wir befähigen unsere Kunden immer dazu zu lernen. Sie sollen autonom werden. Unser Erfolg liegt darin begründet, dass Menschen Lust haben, sich mit den Dingen zu beschäftigen und ihre digitalen Probleme zu lösen.  Im Übrigen arbeiten wir in unserem Team jüngere und ältere Menschen zusammen. Der junge Teil unserer Belegschaft sorgt dafür, dass wir bei den Innovationen immer am Ball bleiben und nichts verpassen.

Unsere Arbeit besteht im Kern darin, Problemlösungen erst einmal beiseite zu lassen und zu verstehen, welche Bedürfnisse der Kunde wirklich hat. Was ist Ihm wichtig? Wie sieht seine Ausstattung aus? Welche Fähigkeiten hat der Kunde? E ist uns also sehr wichtig zuzuhören. Auch versuchen wir zu erspüren, was dem Kunden oder der Kundin Spaß macht.  Denn mit Spaß kommt Motivation. Gehen Sie gerne ins Theater? Schauen sie Sich gerne Kunstwerke im Museum an? Wenn sie, um bei dem Beispiel zu bleiben, verstehen, dass man Saalpläne in der Philharmonie anschauen kann und dann online den richtigen Platz bestellen kann, dann kommt die Motivation von allein. Anderes Beispiel: in Corona-Zeiten haben viele Museen weltweit ihre Kollektionen online gestellt. Auf einmal wird Internet konkret erfahrbar und ungeahnte Möglichkeiten kommen zum Vorschein!

Natürlich könnten viele auch auf die Hilfe der Nachbarn, Kinder oder Enkelkinder zurückgreifen. Der Enkel nimmt dem Opa dann aber in der Regel das Handy unbewusst aus der Hand und löst das Problem, ohne es genau erklären zu können, was er da eigentlich gerade gemacht hat. Das Problem ist vielleicht gelöst. Aber die Unsicherheit beim Opa oder der Oma bleiben.

Am Ende soll dem Kunden oder der Kundin die digitale Welt ein Stück nähergebracht werden, so dass Unsicherheiten beseitigt werden und das Verständnis kommt. Nehmen wir das Beispiel Internet: Der Kunde fragt sich, was ist eigentlich genau ein Router? Warum gibt es Browser? Das sind oft abstrakte Begriffe, die erklärt werden müssen. Wie werden Daten transportiert? Irgendwann gelingt es den Leuten diese Zusammenhänge zu verstehen

Die Technik kommt dabei zum Schluss: Wir gehen immer erst auf den Menschen ein, Dann schauen wir erst was die beste Lösung ist.  Mit Spaß kommt dann auch die Lust am digitalen Leben als mündiger Bürger teilzuhaben.

Die Digitale Sicherheit fängt zuhause an: Updates, online einkaufen, Passwörter und sicheres Online-Banking

Frimeso : Stimmt das Vorurteil, dass bei vielen älteren Menschen noch die Bedenken überwiegen, dass man sich im Internet nicht sicher bewegen kann?

Will: Man kann sicher im Internet einkaufen, aber Risken gibt es wie im echten Leben überall. Es gibt Dinge zu beachten, die das Einkaufen sicher machen.

Die meisten Betriebssysteme verfügen über gute Sicherheitssysteme., sofern sie auf den letzten Stand sind. Das A und O ist es also, dass alle Updates auch installiert werden.

Die bekannten Einkaufsportale sind sehr sicher. Bei allen Bedenken überwiegen meist die Vorteile, diese zu nutzen. Ein Beispiel: Eine in ihrer Mobilität eingeschränkte Kundin bestellt ihre Waren bei einem Lebensmitteldiscounter online. Sie freut sich dann immer am nächsten Tag ihre frischen Waren in ihr Haus geliefert zu bekommen.

Auch gilt es bei der Auswahl des richtigen Passworts Aufklärungsarbeit zu leisten.

Das eigene Geburtsdatum oder ähnliches ist nicht der richtige Ansatz. Wir loten dann zusammen aus, wie man am besten sein eigenes Passwort generiert. Oft sind unsere Kunden sehr gebildet, kennen sich in Prosa und Kultur gut aus. Wir erklären, aus welchen Komponenten ein sicheres Passwort bestehen sollte. Wenn man darin auch noch etwas aus seinem Lieblingsgedicht mit einarbeitet, vergisst man es auch nicht mehr.

Es wird auch viel über online Banking diskutiert. Die Sicherheitsmechanismen sind inzwischen so verschärft worden, da dass wir hier inzwischen vor ganz anderen Herausforderungen stehen:

Banken bieten mit ihrem jungen Personal immer häufiger bevorzugt Lösungen an, die sich vor allem auf das mobile Angebot beziehen. Für viele ältere Menschen ist das ungewohnt. Die alternative aber immer noch vorhandene Lösung einer Foto-TAN mit Lesegerät ist ebenso sicher und für ältere Menschen oft die bessere Lösung.

Wir versuchen also nicht nur eine sichere Lösung zu finden, sondern eine, die für den Kunden sicher und praktikabel ist.

Datenspeicherung bei externen Servern Nachteile und Vorteile abwägen 

Frimeso : Ist älteren Menschen eigentlich bewusst, dass Daten vorwiegend außerhalb des eigenen Computers gespeichert werden? Gibt es da einen besondere Hemmschwelle bei älteren Menschen?

Will: Das ist für viele in der Tat nicht einfach zu verstehen. Wir helfen vor allem dabei, die wichtigsten Daten auch noch einmal lokal auf einer externen Platte abzusichern.

Was das Speichern von Daten auf externen Servern angeht ist es generell nicht einfach beispielsweise abzuwägen, ob man die Benutzung von WhatsApp empfehlen kann. Wir erklären, dass die verschickten Bilder irgendwo abgespeichert werden. Aber es ist auch wichtig zu verstehen, dass es ein Riesenglück ist, dass Seniorinnen und Senioren mit ihren Kindern und Enkelkindern Informationen austuschen können. Das ist doch eine der schönsten Neuerungen der letzten Jahre, dass Großeltern Bilder geschickt bekommen. Teilhabe an dem Leben der anderen wird auf einmal anders möglich. Die Devise heißt also aufklären und die Risiken und Vorteile abwägen. Die Kunden sind alle mündige Menschen, die dann auf dieser Basis entscheiden können. Sie könnten theoretisch auch ihr Umfeld dazu bewegen andere, sicherere Lösungen zu bevorzugen, die es ja auch gibt.

SUSI Eine Initiative, die ältere Menschen in Sicherheitsfragen sensibilisiert

Frimeso : Sie unterstützen eine Initiative, die sich SUSI, also Smart und Sicher im Internet nennt, und in Kooperation mit der Kölner Polizei stattfindet.  Was steckt hinter SUSI?

Will: Diese von einem Verein organisierten Veranstaltungen sind in der Regel sehr gut besucht und helfen den Menschen nicht auf Betrüger hereinzufallen Die für Cybercrime zuständige Abteilung der Kölner Polizei erzählt praxisnah, was alles so im wirklichen digitalen Leben passiert und wie Kriminelle vorgehen. Wir klären dann auf, wie man solche kriminelle Eingriffe verhindern kann. Das ist eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit.

Ich sage meinen Kunden sowieso immer. Wenn Sie irgendwelche Bedenken haben, egal was es denn auch sei, machen Sie den Anhang lieber nicht auf, sondern rufen Sie mich an. Oft sehen diese Mails auch täuschend echt aus. Meistens merken die Leute schon, dass irgendetwas nicht stimmt. Und trotzdem hat man schnell mal aus Versehen den berühmten Anhang verschickt.

Es geht uns darum Menschen durch unsere Aufklärungsarbeit zu sensibilisieren.

Digitale Zweiteilung aktiver begegnen: Bürger digital fit machen und zur Teilhabe befähigen.

Frimeso : Es gibt wohl keinen Zweifel daran, dass es so etwas wie eine digitale Zweiteilung gibt. Gleichzeitig schreitet die Digitalisierung auch bei der älteren Hälfte der Bevölkerung voran. Wo sehen sie die sozial-politische Herausforderung, um diese Kluft zu verkleinern und gegebenenfalls ganz verschwinden zu lassen?

Will: Die digitale Zweiteilung gibt es und sie ist sicherlich eine Herausforderung, die wir noch aktiver angehen müssen. Wir könnten für die älteren Leute da mehr tun. Älteren Menschen vorzuschlagen einen Kurs in der Volkshochschule zu besuchen, wird nicht reichen. Die ältere Generation hat in sich unterschiedlichere Wissensstände. Ältere Menschen lernen auch anders. Deswegen sind wir überzeugt von unserem Ansatz, individuelles Lernen zu fördern. Es muss auf den einzelnen Menschen geachtet und seine Fähigkeiten müssen beachtet werden.

Einerseits gibt es immer mehr digitale Angebote auch für Ältere. Andererseits schauen zu Wenige danach, dass gerade die ältere Menschen diese Angebote auch nutzen können. Es gibt großartige private Initiativen, wo zum Beispiel Schüler Senioren digitale Inhalte näher bringen.  Mir sagen immer wieder Teilnehmer, wie großartig solche Veranstaltungen funktionieren.  Aber sie sagen mir eben auch, dass sie gerne genauso professionell bedient werden wollen, wie der andere Teil der Bevölkerung. Dies geschieht noch zu wenig.

Frimeso :  Wie muss denn mehr getan werden? Sind es die Unternehmen, die ihre Angebote erweitern sollten oder sollte die Politik, bei Ihren Digitalisierungsbemühungen den älteren Teil der Bevölkerung mehr einbeziehen?

Will:  Ich beziehe mich auf die Unternehmen und die Politik. Nehmen Sie die vielen Filial-Schließungen der Banken. Älteren bleibt oft nichts anderes übrig ihre Bankgeschäfte online zu erledigen. Warum müssen dann die Online-Portale so kompliziert gestaltet ein sein, wenn der ältere Mensch oft doch nur Überweisung, Kontoabfrage, und Kontoauszüge braucht?  Man kann hier schon viel mit Voreinstellungen arbeiten und die Portale für sich vereinfachen. Aber der Kunde muss diese Möglichkeiten auch kennenlernen dürfen.

Generell haben die Hersteller schon viel in dieser Hinsicht geleistet. In Windows, Apple und den anderen Betriebssystemen kann man inzwischen einiges voreinstellen, dass Senioren das Leben erleichtert, wie zum Beispiel Lupen einstellen, Schriftgrössen ändern usw. Aber, kennen tun diese Möglichkeiten nur die wenigsten. Der Jüngere kennt die Möglichkeiten meist sowieso nicht, weil er sie selbst nicht braucht. Wer erklärt nun den Älteren, dass es da so viele praktische Funktionen gibt?   

Die Digitalen Heinzelmännchen sind ein kommerzielles Unternehmen. Da wir kein Verein sind bekommen wir auch keine Unterstützung. Auch wenn unsere Stundensätze sehr gering sind, können wir schon aus finanziellen Gründen nicht alle erreichen.  Wenn wir aber mehr Leute erreichen wollten, müsste die Politik diese Konzepte breiter unterstützen. Damit meine ich nicht freiwillige Arbeit, sondern professionelle Unterstützung, damit man den Herausforderungen auch gerecht werden kann.

Abschließend bleibt festzustellen, dass die Menschen durch Digitalisierung neue Möglichkeiten an die Hand bekommen. Ältere Menschen sollen befähigt werden, digitale Zusammenhänge zu verstehen und anschließend autonom und informiert zu entscheiden, ob er die jeweiligen Tools auch nutzen möchte. Die Menschen sollen Vorteile und Nachteile miteinander abwägen und mit Wissen und mit Mut entscheiden, wie sie sich in der Digitalen Welt aufhalten und bewegen möchten.

Frimeso : Wie bekommt man mit Ihnen Kontakt, wenn man mit ihnen arbeiten will?

Will: Wir arbeiten in Köln und Umgebung. Mehr Formationen zu den Digitalen Heinzelmännchen gibt es hier:  https://www.digitale-heinzelmaennchen.de/.  Wir sind auch unter folgender Nummer zu erreichen:  +49 221 29 20 59 Wir rufen dann alsbald zurück und besprechen alles weitere. Viele Kunden bleiben uns nach der Kontaktaufnahme treu und wir erschließen gemeinsam die digitale Welt.

 

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Episode 2 – Angelika Kindt, Deutschlands Working Silverlady

 

Entrümpeln, loslassen und nach vorne schauen hat sehr viel mit Lebensqualität zu tun.

 

Angelika Kindt Eine bewegte Frau

Frimeso:  Wie sind Sie auf den Namen „Working Silverlady“ gekommen?

Kindt:  Vor ca. 3 Jahren habe ich von heute auf gleich weiße Haare bekommen, die ich sehr mag. Ich dachte mir: „So bin ich jetzt!“  Zu der gleichen Zeit legte eine in Zürich lebende Freundin, deren Arbeitstitel auch den Term „working“ beinhaltete, diesen ab. Ich fragte sie, wie sie es fände, wenn ich mich „Working Silverlady“ nennen würde. Sie fand es toll und sagte, dass der Name gut zu mir passen würde.

 

Frimeso: Wie würden sie sich selbst kurz beschreiben, sowohl privat als auch beruflich.

Kindt: Ich bin eine bewegte Frau. Ich bin 71 Jahre alt. Trotz Schicksalsschlägen liebe ich das Leben. Ich freue mich jeden Morgen, dass ich aufwache. Ich versuche für mich aus jedem Tag etwas Schönes herauszuziehen und auch anderen Menschen viel zu geben.

Ich bin seit 33 Jahren selbständig. Working Silverlady bin ich seit 3 Jahren. Irgendwann will man nicht mehr so viel unterwegs sein zu Beratungen, zu Workshops oder ähnliches.  Ich bin gerade dabei mir ein Online-Coaching Unternehmen aufzubauen und mache vorwiegend meine Coachings online. Auch biete ich online Workshops und Seminare an.

 

Frimeso: Wer sind Ihre typischen Kunden?

Kindt: Es kontaktieren mich ältere und jüngere Kunden. Ich sehe mich als Sparringspartnerin für Führungskräfte.

Ich berate auch Privatpersonen. Ich unterscheide also nicht mehr zwischen Business- und Privatkunden.  Allerdings biete ich keine psychologischen Beratungen an. In diesen Fällen sollen lieber die Fachfrauen bzw. Fachmänner ran.

 

Frimeso: Was sind die Themenschwerpunkte, die sie behandeln?

Kindt:  In den Jahren meiner Tätigkeit hat sich herauskristallisiert, dass Kommunikation der Dreh- und Angelpunkt für alles ist. Das gilt insbesondere für Führungskräfte. Kommunikationsstrategien sind eine regelrechte Leidenschaft von mir geworden.  Ich stelle auch fest, dass ich in diesem Bereich immer wieder neues erfahre und lerne.

 

Für mich gibt es weder schwarz, weiß, gestreift noch kariert

Frimeso: Wie war ihr Lebensweg? Was sind die wichtigsten Stationen in ihrem Leben, die Sie für Ihre Arbeit geprägt und zudem gemacht haben, was sie heute sind?

Kindt: Ich habe vor 50 Jahren in Afrika gelebt. Mein erster Mann kam ursprünglich aus Kamerun. Nach seinem erfolgreich als Bauingenieur abgeschlossenen Studium sind wir zusammen nach Kamerun umgezogen. Das hat mich sehr geprägt und meinen Blick geweitet.  Diversity ist daher schon immer Bestandteil meines Lebens gewesen.  Für mich gibt es weder schwarz, weiß, gestreift noch kariert.

Als ich allein mit meinem Sohn zurück nach Deutschland gekommen bin, habe dann mit Ende 20 mein Studium der Politikwissenschaften an der FU in Berlin aufgenommen.  Das war damals eine ungewöhnliche Wahl, zumal als Frau. Ich hörte immer wieder: Damit kann man kein Geld verdienen.“  Das Studium war genau richtig für mich. Es hat mein Denken bis heute geprägt.

Schließlich habe ich erneut geheiratet und zwei Kinder bekommen, von denen eines leider verstorben ist. Das sind auch Prägungen des Lebens.

In die Selbständigkeit bin ich eher zufällig geraten: Ich wurde gefragt, ob ich ein Seminar leiten wollte, was ich dann auch gemacht habe. Bei einem Jesuitenpfarrer habe ich an einem Rhetorikseminar teilgenommen, wo ich das freie Reden gelernt habe. So kam dann eines zum anderen.

 

Frimeso: Sie haben in ihrem Leben schon so viel erreicht. Warum sind Sie nicht in den wohlverdienten Ruhestand getreten?

Kindt: Das wäre mir wohl zu langweilig. Als Selbständige kann ich das sowieso für mich selbst bestimmen. Ich bekomme noch so viel Rückmeldung, Nachfragen und Angebote, dass ich überhaupt keine Zeit für Rente habe.

 

Der berufliche Wechsel in die Selbständigkeit: Selbstreflexion, Selbstmotivation und Selbstmanagement entscheidend für den Erfolg

Frimeso:  Sie bieten Coaching-Sessions speziell für Menschen an, die beruflich neu durchstarten wollen.  Was sind denn die typischen Herausforderungen, die bei einem solchen Wechsel auftreten?

Kindt: Man muss sich im Leben immer mal wieder neu aufstellen. In solchen Situationen sollte man sich selbst fragen: Was habe ich überhaupt für Stärken? Wo liegen meine Talente und meine Fähigkeiten?“  Ich muss auch schauen, wo ich mit meinen individuellen Skillset Marktlücken besetzen kann.  Wie präsentiert man / frau sich? Die wichtigste Frage ist die des Warums. Warum mache ich etwas? Was ist meine Intention, mein Ziel? Was treibt mich?

Mit Selbstreflexion fängt alles an.

Wenn man sich beispielsweise selbständig machen will, einfach weil es gerade passt, wird das wohl nicht ohne Weiteres funktionieren.

Ich merke in dem Zusammenhang immer wieder, wie wichtig Selbstmotivation ist.  Dazu kommt als letzter Punkt die Fähigkeit zum Selbstmanagement.

 

Frimeso: Was sind denn die Triebfedern für Menschen, die sich selbständig machen, oder einen beruflichen Wechsel vornehmen?

Kindt: Das ist ganz unterschiedlich. Manche sehen in einem solchen Schritt die Verwirklichung ihrer persönlichen Freiheit. Das ist verständlich. Allerdings kommt die Freiheit erst, wenn Sie gut im Sattel sitzen.

Man braucht Durchhaltevermögen und muss dranbleiben.

Eine andere Motivation von älteren Menschen ist es häufig mit Begeisterung sein Wissen zu teilen.  Die beste Motivation ist es immer, wenn ich etwas aus dem Herzen heraus mache. Wenn ich mir sagen kann: Das ist genau mein Ding! Das liebe ich! Mit dieser Art der Motivation wird es gelingen, dass man/ frau damit eine Nische besetzen wird.

 

Frimeso:  In welchem Alter sind denn die Menschen, die in einer solch beruflichen Krise stecken?

Kindt: Oft fängt es an zu kriseln, wenn die Kinder aus dem Haus sind, also ab 50 Jahren.  Vieles verändert sich dann zu Hause. Auf einmal sind nur noch zwei Menschen da, die neu lernen müssen, miteinander zurechtzukommen.  Da stellen sich viele Fragen wie: Soll das schon alles gewesen sein.? Was kann man jetzt noch machen?

Oft kommt es im Laufe eines Coachings vor, dass sich ganz neue Perspektiven entwickeln: Man kommt mit einer bestimmten Vorstellung; aber dann kommen ganz andere Ideen zum Vorschein.

Mir ist es wichtig Menschen stark zu machen, damit sie resilient und belastbar durch diesen Wandel kommen.

 

Frimeso:  Funktionieren denn die angestrebten Veränderungen im Normalfall?

Kindt:  Generell frage ich nach einem Jahr immer mal wieder nach. Grundsätzlich zähle ich auf die neu erworbene Eigenverantwortung meiner Kunden.  Das Thema Eigenverantwortung hat einen besonderen Platz bei unseren Coachings.

Menschen, die jahrelang im Berufsleben abhängig gearbeitet haben, stehen hier oft vor neuen Herausforderungen.

Einerseits fördern einige Leader nicht ausreichend die Selbstverantwortung ihrer Mitarbeiter. Andererseits müssen Menschen oft Selbstverantwortung neu lernen.  Wenn ich selbstständig werde, bin ich meine eigene Führungskraft. Ich muss auch lernen loszulassen, da wo es passt.  Das fällt vielen schwer.

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben sich das Wort Nein abtrainiert. Ich kann aber zum Beispiel nicht jeden Kunden annehmen.

 

Dankbarkeit als der Schlüssel zur inneren Zufriedenheit

Frimeso: Sie sprechen auf ihrer Homepage immer wieder vor innerer Zufriedenheit. Auch tragen sie diese innere Zufriedenheit nach außen. Wann ist ein Mensch zufrieden?

Kindt: Das kann ich nur für mich beantworten. Ich bin dann zufrieden, wenn das was ich mir vorstelle in irgendeiner Form rund ist.

Ich sollte nicht danach schauen, was mir noch alles fehlt und nach welchem Stern ich noch greifen sollte. Ich sollte mich vielmehr jeden Tag freuen, dass ich immer wieder aufwache und dankbar sein, ein solch schönes Leben führen zu dürfen. So erreicht man ein generelles Niveau an Zufriedenheit und Glück.

Wenn ich mir meiner Talente und Fähigkeiten bewusst bin, dann kann ich schon allein dafür dankbar sein.

Oft werden wir in den westlichen Gesellschaften so geformt, dass wir stark nach außen leben.  Ich komme aus der Nachkriegsgeneration. Da gab es noch nicht so viel, dass nach außen gerichtet war.  Da waren die Adidas Schuhe noch nicht in.

Ich sehe auf der anderen Seite aber, dass es heute ein großes Bedürfnis gibt ein Stück mehr von einer Innenansicht zu bekommen.  Heute fragt man sich immer häufiger: Brauche ich unbedingt das Drittauto und das Zweitsofa?“  Entrümpeln, loslassen und nach vorne schauen hat sehr viel mit Lebensqualität zu tun.

 

Entrümpeln im Alter schafft Platz für Neues

Frimeso: Entrümpeln ist sicher auch ein Thema für Menschen, die sich auf den Ruhestand vorbereiten. Man schleppt doch viel Dinge mit sich mit, die noch aus den Berufsjahren stammen?

Kindt: Entrümpeln fällt vielen Menschen schwer. Manche tun sich schwer, sich von der beruflichen Vergangenheit zu lösen. Sie gerieren sich dann immer noch so als seien sie beruflich immer noch das, was sie vor 20 Jahren einmal waren.

Zum Entrümpeln gehört, dass ich mich immer wieder neu erfinde.

Die Fähigkeit zum Entrümpeln hat auch viel Einfluss auf das jung bleiben beim „älter werden. Es geht nicht darum, dass man noch in seine Hose passt. Es kommt vielmehr darauf an, was im Kopf passiert. Entrümpeln bedeutet auch sich zu fragen: Brauche ich mein Haus noch? Kann ich jetzt in eine Wohnung ziehen? Die Kinder kommen zu Besuch aber sie ziehen nicht mehr ein. Man kann also vieles neu regeln.

Prioritäten neu setzten, ist auch ein wichtiges Thema: Zufriedenheit kann ich nur innen bekommen.

Wer entrümpelt hat mehr Platz für Neues:  Letztes Jahr war ich an Krebs erkrankt. Ich habe gelernt dieser Krankheit nicht zu viel Platz einzuräumen. Jetzt sind wieder andere Dinge wichtig, die ich in den Mittelpunkt stellen will.

 

Werte haben etwas damit zu tun, welche Wertigkeit ich meinem Gegenüber zugestehe

Frimeso: Sie betonen, dass sie wertebasiert arbeiten. Warum sind Werte für sie so wichtig?

Kindt: Wir alle kennen Werte wie zum Beispiel Rücksichtnahme. Mir geht es aber darum, dass man sich darüber im Klaren wird, ob man die eigenen Werte mit Leben füllt. Es wird viel über Werte geredet. Es ist schick. Aber werden sie auch angewandt?

 

Frimeso: Warum sind heute Werte wichtig?

Kindt: Werte sind der Klebstoff für das soziale Miteinander. Wie gehen wir miteinander um? Wie reden wir miteinander? Es zeigt wie eine Gesellschaft sich selbst wahrnimmt. Das geht rein in die Betriebe, bis hin zur Führung.

Wir müssen versuchen mit Werten real zu leben.  Werte haben was damit zu tun, welche Wertigkeit ich meinem Gegenüber zugestehe.

 

Frimeso: Wenn man älter ist, hat man doch eigentlich sein Wertekorsett schon einigermaßen gefestigt. Kann man seine Werte im Alter noch ändern?

Kindt: Ja, aber es kommt auf die Bereitschaft zur Selbstreflexion an. Dann kann man den eine oder anderen Wert auf den Prüfstand zu stellen. Bin ich also bei ehrlicher Selbstreflexion auch mal bereit ein Fragezeichen hinter den ein oder anderen Wert zu setzen?

 

Die drei verschiedenen Alter

Frimeso:  Werden Sie gerne alt?

Kindt: Alter ist für mich eine Zahl. Es gibt drei Alter: So alt wie man ist, so alt wie man sich fühlt und so alt wie man wahrgenommen wird.  Alter ist also relativ.

Es gibt schon 25-jährige alte, die schon komplett abgeschlossen haben.  Häuschen, Kindesplanung und alles andere ist schon unter Dach und Fach. Das Leben läuft aber oft anders. Frei nach dem Motto: Wenn ich einen Plan mache, lacht sich der lieb Gott kaputt. Das Drama beginnt dann, wenn ich mir diese ganzen Pläne gemacht habe, und alles dann nicht so funktioniert wie gedacht.

Deswegen ist es wichtig offen zu bleiben und sich nicht zu intensiv mit dem eigenen Alter zu beschäftigen. Wenn ich mich jeden Tag sage, ich bin alt, dann bin ich alt. Ich sollte mir vielmehr sagen: Ich weiß, dass ich 71 Jahre alt bin, Das hindert mich aber nicht daran eine eigene Haltung zu haben.

 

Die Working Silverlady: In der digitalen Welt zu Hause

Frimeso: Ich bin durch ihre Podcasts auf Sie aufmerksam geworden. Sie betreiben eine Website. Sie sind in den Sozialen Medien aktiv. Sie sind also in der digitalen Welt zu Hause. Da gehören sie wahrscheinlich zu einer Minderheit innerhalb ihrer Altersgruppe?

Kindt:  Das nehme ich selbst auch so wahr. Ich war schon immer selbständig und bin es gewohnt mir Sachen beizubringen. Ich höre oft mit Bedauern, dass ältere Menschen sagen: „Das macht bei uns der Enkel!“

Ich finde das spannend und großartig, was so alles möglich ist. Es ist doch wunderbar, dass wir heute über Zoom zusammenarbeiten können, obwohl, dass der eine in der Schweiz ist und ich in Deutschland bin.

 

Frimeso: Wie erreicht man ältere Mitmenschen in der digitalen Welt?

Kindt: Es muss ein Mix zwischen on- und offline sein. Ich halte Vorträge und erreiche sie so.  Ich vernetze mich gerne auf LinkedIn, aber man braucht trotzdem noch einen Mix zwischen realen Veranstaltungen und digitalen Events.

 

Frimeso: Wie bekomme ich mit Ihnen in Kontakt, wenn ich mit Ihnen arbeiten will?

Kindt: Am einfachsten geht es über meine Homepage https://www.working-silverlady.de/

Sie können mir auch gerne eine Mail schreiben: info@angelika-kindt.de

 

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Episode 1 – Erhard Hackler, Vorstand der deutschen Seniorenliga e.V.

Hier eine etwas gekürzte Zusammenfassung unseres Gesprächs mit Erhard Hackler. Durch das Gespräch führte Christian Kläs.

„Keine Altersgruppe ist so heterogen wie die der Senioren“

Beispiele der Tätigkeitsfelder der Deutschen Seniorenliga: Familienpflegezeit und Einordung des Seniorenbegriffs

Frimeso : Die Seniorenliga verschreibt sich dem Ziel, Rahmenbedingungen mitzugestalten, die es Älteren ermöglichen, entsprechend Ihren Bedürfnissen zu leben, zu wohnen und arbeiten zu können, und auch bei Pflegebedürftigkeit umfassend versorgt zu werden. Gibt es Beispiele, wo ihr diese Kernforderung in die Tat umgesetzt habt?

Hackler:  Die deutsche Seniorenliga verfügt über eine Kernkompetenz bei Betroffenen und Politik im Bereich Pflege. Wir konnten zum Beispiel an dem gesetzgeberischen Vorhaben Familienpflegezeit mitwirken. Da sind wir schon ein bisschen stolz, dass es uns gemeinsam gelungen ist, diese zu initiieren.

Mittlerweile ist es möglich, dass man als Arbeitnehmerin oder als Arbeitnehmer, eine freie Zeit zugestanden bekommt. In dieser Zeit kann man dann die häusliche Pflege verrichten. Denn ohne dieses „familiäre Ehrenamt“ wäre dem Pflegebedarf in Deutschland, der enorm ist, überhaupt nicht nachzukommen und auch nicht zu leisten. Der Arbeitgeber gibt den Pflegenden, die diese Pflegezeit in Anspruch nehmen, auch eine Rückkehr-Garantie. Sie haben also dann nicht die Sorge, dass wenn ich pflege, verliere ich meinen Arbeitsplatz.

Zweites Beispiel:  Es ist uns in unseren Gesprächen mit der Politik und Wirtschaft gelungen, im Laufe der letzten 25 Jahre den Begriff des „Senioren“ realitätsgerechter einzuordnen und zu etablieren. Als wir mit unserer Arbeit begonnen hatten, war der Senior im Grunde genommen die ältere Dame mit Kittelschürze. Man vermutete, die Deutsche Seniorenliga, „das sind die mit der Blindenbinde und dem weißen Stock“. Um diese Menschen kümmern wir uns auch sehr gerne!
Aber sehr wohl haben wir auch den ganz modernen Senior und die modere Seniorin im Blickfeld. Gerne beantworten Ihre Anfragen, wie zum Beispiel: „Wie gestalte ich meinen Alltag? Wie erhalte ich meine Lebensqualität? Wie steigere ich sogar noch die Lebensqualität?“

Also wir haben zur Veränderung des Senioren-Begriffs und damit zur Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung der Senioren in der Gesellschaft doch einen entscheidenden Beitrag leisten können.

Man ist sowieso so alt, wie man sich fühlt: Seniorenbegriff nicht gesetzlich definiert

Frimeso : Ab wann gilt man eigentlich als Senior in Deutschland?

Hackler: Naja, also von Geburt an altert man. Das ist sicher eine Plattitüde, aberwir gehen davon aus, dass wir uns auch schon an die jungen Senioren wenden können und dürfen. Die 45 oder 50-Jährigen sind häufig die Empfehler für die Eltern oder ihre älteren Angehörigen. Einen feststehenden Begriff wer Senior ist, gibt es nicht. Er ist auch nicht gesetzlich definiert. Man ist sowieso so alt, wie man sich fühlt. Man kann das höchstens in Cluster einteilen: Da sind einmal die Menschen die trotz hohen Alters, -das können 70- oder 80-jährige sein-, die äußerst mobil sind.
Dann gibt es die, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Es kommen aber auch die hinzu, die möglicherweise in einem Vorstadium der Demenz sind: Die deutsche Seniorenliga hat 20 Jahre Projekte intimiert im Kampf gegen Demenz bzw. Alzheimer, um so Betroffene und Angehörige zu unterstützen.

Also „den“ Senior gibt es nicht, sondern es gibt im Grunde genommen eine Einteilung danach, wer sich wie fühlt, sowohl körperlich als geistig.

Übrigens zum Sprachgebrauch: Eine Seniorin oder ein Senior in der amerikanischen Wirtschaft ist etwas durchweg Positives: Der „Senior President“ der „Senior Vice-President“ ist eine geachtete Persönlichkeit im Unternehmen. In Deutschland ist das Verhältnis zu dem Seniorenbegriff nicht so eindeutig. Vielleicht hört man mit 65 Jahren aufzuarbeiten. Dass man dann zu jemanden Senior sagen darf, ist glaube ich, durchaus gerechtfertigt. Aber man muss vorsichtig sein. Nicht jeder möchte auch Senior genannt werden.

Generationengerechtigkeit: eine Frage des Dialogs und der gerechten Verteilung zwischen den Generationen

Frimeso : Generell gehört man irgendwann dann doch zu der Gruppe der Senior: Wie siehst du denn das Verhältnis von älteren Menschen zu der jüngeren Generation? Ist das eigentlich von Konflikten geprägt, oder ist es ein harmonisches Verhältnis? Ich denke da beispielsweise an die digitale Zweiteilung, also dass jüngere Menschen sich vermeintlich besser mit den digitalen Medien auskennen.

Hackler:  Das ist auch so, dass wir in der Tat eine digitale Zweiteilung in der Gesellschaft immer noch haben. Die heute 60, 70 oder 80-Jährigen sind nicht mit diesen modernen Kommunikationsmöglichkeiten aufgewachsen bzw. sozialisiert worden.
Potential zu Konflikten gibt es immer mal wieder: Zum Beispiel nehmen wir infolge der Covid-19 Herausforderungen als Bundesrepublik Deutschland wahnsinnig viel Geld als Kredite in die Hand. Manche sehen es vielleicht so, dass wir theoretisch das Holz der zukünftigen Generationen verheizen. An dieser Stelle gilt es dann aber genau zu hinzusehen und aufzupassen, dass dort keine sozialen Konfliktfelder entstehen.

Frimeso : Also für dich ist einer der großen Knackpunkte in der Diskussion zwischen den Generationen die finanziellen Rahmenbedingungen sowie die Generationengerechtigkeit?

Hackler: Ja, das ist richtig. Natürlich dreht sich vieles ums Geld. Wenn ich mir anschaue, dass viele junge Leute, die Berufseinsteiger sind, oder aufgrund ihrer familiären Herausforderungen, etwa weil sie in jungen Jahren Kinder bekommen haben, nicht in der Lage sind, Rücklagen für die Zukunft zu bilden, dann steht auf der anderen Seite aber auch, dass unsere Renten-Bestände nicht so aufgestockt werden können, dass die jungen Leute auch in Zukunft automatisch auf eine gute und sichere Rente vertrauen können.
An dieser Stelle muss im Dialog mit Jung und Alt daran gearbeitet werden, wie das zu schaffen ist. Jüngeren Leuten muss es möglich sein eine Perspektive aufzubauen, die bedeutet: Zukunftssicherung und das Erhalten der sozialen Standards.

Frimeso : Das ist ein guter Punkt. Man könnte allerdings auch in die Gleichung mit einbeziehen, dass viele Jüngere erben werden. Insofern profitieren wir schon auch indirekt vom Reichtum der Senioren?

Hackler:  Durchaus! Wir haben eine Erben-Generation in Deutschland. Aber nicht jeder ist Erbe.  Manch einer bekommt auch schon von den Eltern etwas mit der warmen Hand.  Auch das ist eine Möglichkeit und eine Empfehlung, wenn ich mir das als älterer Mensch erlauben darf. Man darf seinen Kindern und Enkeln, wenn man es denn kann, durchaus schon dann etwas zuwenden, während man das Ganze noch genießen kann, und eben nicht erst auf dem Blatt Papier, welches sich Testament nennt.

Zur Person: Erhard Hackler, nach bewegtem, politischem Leben seit 25 Jahren mit Freude Vorstand der Deutschen Seniorenliga

Frimeso : Ich weiß, dass du ein sehr bewegtes, spannendes politisches Berufsleben davor hattest. Deshalb würde ich gerne wissen, warum du dich damals entschieden hast, ein solches Ehrenamt dann anzunehmen. Was war die Motivation dahinter?

Hackler:  Ich hatte immer Glück im Leben. Ich habe zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Menschen getroffen. Dann gibt man auch gerne etwas an die Gesellschaft zurück. Das tut man am besten im Rahmen eines Ehrenamtes. Und wenn ich sage, ich habe die richtigen Menschen getroffen als ich bei Karl Carstens anfing und er mich weiter empfahl zu Professor Roman Herzog und ich später dann auf Empfehlung von Heiner Geißler mit Norbert Blüm nach Düsseldorf gegangen bin, da waren das eben spannende, unterhaltsame Jahre. Irgendwann habe ich dann überlegt, was kann ich von dem, was ich dort erlebt habe zurückgeben, und das dann vielleicht im Interesse der älteren Generation? Das ist meine Motivation hier, – solange Gott es will.

Diesen Job als Vorstand der Deutschen Seniorenliga zu machen, gemeinsam mit meinem Leben Freund Gerhard Fieberg, der bei uns der Vorstandsvorsitzende ist, ist mir eine große Freude. Gerhard Fieberg war der langjährige Präsident des Bundesamtes der Justiz und unterstützt uns nach Tat und Kraft.

Wohnen und Pflege im Alter: Versorgungsstruktur, seniorengerechte Wohnung, Heimgesetz

Frimeso : Wie wohnt man denn heutzutage im Alter?  Gibt es da im Vergleich zu früher Unterschiede?  Wie schafft man denn generell ein altersgerechtes Wohnumfeld?

Hackler: Die Umfragen, die wir regelmäßig durchführen, sagen uns, dass 80 bis 90 % der Seniorinnen und Senioren am liebsten ganz lange in ihrem häuslichen Umfeld verbleiben. Sie wollen möglichst lange gesund zu Hause leben. Dafür gibt es entsprechende Hinweise: Wenn man im Alter etwas Neues sucht, sollte man auf die Versorgungsstruktur aufpassen. Man braucht die Apotheke in der Nähe, das Einkaufszentrum, den Arzt etc. Manche Senioren ziehen aus ihrem Einfamilienhaus oder ihrer Wohnung noch mal aus, aber sie wollen möglichst in den eigenen vier Wänden bleiben. Man muss also sein Haus so gestalten, dass es niederschwellig ist, um dafür zu sorgen, dass man in dem Haus keine Stürze erleidet. Man könnte zum Beispiel an ein Anti-Rutsch-Bad denken. Man braucht an beiden Seiten der Treppe Handläufe. Am besten nimmt man auch die Teppiche weg usw. Weitere Hilfsmittel nicht sind Lichtleisten vor dem Bett, bis hinein zur Toilette. Wenn ich nachts aufstehen muss, können mir solche Hilfsmittel natürlich das Leben zu Hause deutlich erleichtern.

Frimeso : Wenn man aber doch dann ins Pflegeheim muss. Wie kann ich sicher sein, dass ich oder meine Angehörigen die richtige Wahl getroffen haben? Gibt es verpflichtende Maßgaben? Wer überwacht die Einhaltung der jeweiligen Qualitätsstandards? Gibt es da irgendwelche gesetzlichen Bestimmungen?

Hackler: Für Heime und Residenzen haben wir einerseits in Deutschland das Heimgesetz. Andererseits gibt es die föderale Struktur auch im Bereich der Pflege. Der medizinische Dienst der Krankenkassen prüfen, ob das Heimgesetz eingehalten wird, ob die Standards, die dort vorgegeben sind, auch respektiert werden. Viele Seniorenheime haben auch den Ehrgeiz, diese zu übertreffen, weil es einen Wettbewerb gibt. So lassen sich beispielsweise viele zertifizieren.  Diese Zertifizierung kann dann auch eine positive Auswirkung haben und man kann sagen: „Schaut mal her! Bei uns wohnt man sauber, sicher, wird gut ernährt und gut betreut“!
Es gibt auch andere Fälle: Über die Ausrutscher können wir uns später noch mal unterhalten.

Auch die Besuchs-Beschränkungen im Sommer haben in vielen Fällen zu Ärgernissen und zu Unverständnis geführt. Stell Dir mal vor, dass ein semi-dementer Mensch einfach nicht mitbekommt, warum seine Verwandten ihn jetzt nicht mehr besuchen, um ihm eine warme Suppe, oder was weiß ich, sein dann Kalbsschnitzel zu bringen.

Zusammenfassend: Es gibt die Überprüfung der Qualitätsstandards in den Seniorenheimen, die aber von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausfallen.

Frimeso : Was gibt es eigentlich für Kategorien bei Pflegeeinrichtungen? Nach welchen Kriterien entscheidet man sich richtig, wenn man in ein Pflegeheim ziehen muss?

Hackler: Fragen, die sich Senioren typischerweise stellen, sind:  Wo wohne ich und wo will ich hin? Habe ich dort ein soziales Umfeld, das ich sozusagen mitnehmen kann? Wie weit es ist für meine Angehörigen?
Bei den Einrichtungen gibt es große Unterschiede, die, wie immer im Leben, auch etwas mit den finanziellen Anforderungen zusammenhängen. Das heißt also von einem einfach strukturierte Altersheim oder Alterspflegeheim, bis hin zur Seniorenresidenz gibt es große Unterschiede.  Eine Kategorisierung im klassischen Sinne gibt es eigentlich nicht, sondern man muss sich sehr genau anschauen, wohin will ich, was kann ich mir leisten, und möglichst dann auch einen Besuch dort machen.
Man kann sich umhören. Probewohnen ist ein bisschen schwierig, weil man ja in aller Regel auch ein Teil seiner Möbel mitnimmt. Es gibt auch Leute in der Gemeinde, die man fragen kann. Meistens ist es der Arzt, der Pastor oder andere Mitbewohner, die man fragen kann nach dem jeweiligen Standing des Hauses.

Frimeso : Ihr empfehlt als neutraler Verein keine Einrichtung?

Hackler: Das Ansinnen, das wir solche Heime zertifizieren sollten, haben wir abgelehnt, weil das ist so, wie wenn du ein Restaurant beurteilst. Wir haben auch nicht die Mann- oder die Ladypower, um solche Zertifizierungen vorzunehmen.

Eines tun wir schon: Wir gehen uns mitgeteilten Missständen nach! Wir haben unterschiedliche Möglichkeiten die zu adressieren, z.B. über die örtlichen Abgeordneten. Umgekehrt, wenn es jemand denn möchte, erkundigen wir uns auch darüber, welches Standing eine Wohneinrichtung hat. Hier gibt es auch Quellen, die uns zur Verfügung stehen.
Übrigens, geben wir auch Empfehlungen darüber ab, was bei der Vertragsunterzeichnung zu beachten ist, bevor man dann einen solchen Schritt unternimmt. Bezüglich der rechtlichen Begleitung und Betreuung während man dort ist, können wir noch mal separat sprechen.

Thema Senioren und Wirtschaft (I): Arbeiten im Alter: Zeitalter der permanenten Weiterbildung

Frimeso :  Sprechen wir nun über die Senioren im arbeitsfähigen Alter, also diejenigen die noch durchaus auf dem Arbeitsmarkt zugegen sind. Was können Senioren tun können, um längerfristig wettbewerbsfähig auf dem Arbeitsmarkt zu bleiben?

Hackler:  Wir weißen immer wieder darauf hin, wie wichtig es ist, körperlich und geistig fit zu bleiben.  Das heißt also auch, seine beruflichen Kompetenzen zu trainieren. Im Prinzip leben wir in einem Zeitalter permanenter Weiterbildung: Früher, vor 40 oder 50 Jahren wurde man Maler, Dachdecker, Becker, Anwalt oder Arzt, und das blieb man dann sein Leben lang. Heute haben wir eine Situation, dass man unterschiedliche berufliche Herausforderungen in unterschiedlichen Lebensaltern annimmt. Da ist es eben wesentlich, dass man sich weiterbildet. Sprachkompetenz ist zum Beispiel eine große Herausforderung auf allen unterschiedlichen Ebenen, auch als Monteur am Fließband muss man vielleicht Englisch lesen können oder Französisch verstehen können.
Da gibt es sehr interessante Angebote von der Arbeitgeberseite und von den Gewerkschaften, um eben diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Weiterbildung zu unterstützen.

Frimeso : Begleitet Ihr Unternehmen in diesem Zusammenhang? Könnt ihr zur Not Unternehmen auch da Ratschläge geben?

Hackler: Ja, wir haben mit vielen Unternehmen gesprochen unter dem Gesichtspunkt, dass wir gesagt haben: „Lasst eure älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht so schnell von der Stange!“ Wenn sie aus dem Berufsleben eigentlich aus Altersgründen ausscheiden müssten, dann kann es immer wieder Situationen geben, wo diese Unternehmen auf das Erfahrungswissen der Älteren zurückgreifen möchten. Wir haben mit namhaften deutschen Unternehmen, Aktiengesellschaften aber auch gerade Familienunternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern einen Erfahrungspool gebildet. In Zeiten, wo es beispielsweise heißt, „jetzt brauchen wir bestimmte Leute an der Drehbank oder in der Finanzverwaltung“, wurden so für ein paar Stunden am Tag oder auch vielleicht über Monate Leute zurückgeholt. So konnten die Unternehmen effektiv auf Kompetenzen zurückgreifen, die sie dringend brauchten. Das haben wir dann zusammen immer weiter ausgebaut. Da gibt es viele solcher Beispiele.

Der Pensionsschock: Eine vermeidbare Angelegenheit

Frimeso : Nun zu den Menschen, bei denen die Pension unmittelbar bevorsteht. Von Dir kenne ich den Begriff „Pensionsschock“. Seid Ihr auch da, wenn einzelne eurer Mitglieder Euch um Rat fragen und sagen: „Ich bin ein begeisterter sagen wir Arzt oder Anwalt und in einem Jahr ist Schluss. Was mache ich danach?“

Hackler: Solche Gespräche gibt es natürlich. Wir haben eine bundesweite Informationskampagne zu diesem Thema gemacht. Wir haben hier eine große Kompetenz und werden folglich sowohl von Einzelpersonen als auch von Unternehmen angefragt. Wir geben den Leuten auch eine Broschüre an die Hand und sagen Ihnen zum Beispiel „überleg doch mal, wo du im Ehrenamt tätig werden kannst, oder ob du nicht vielleicht bei der Feuerwehr dich engagieren willst“. Das heißt nicht gleich, dass man als 65-70-jährige auf die Leiter steigt. Sondern man wird da tätig, wo man jüngeren Leuten sein Wissen weitergibt. Man kann sich in einem Gesangverein engagieren, in kirchlichen Einrichtungen usw. Man kann im Alter Sport betreiben. Es gibt zum Beispiel viele Tanzgruppen in Deutschland. Ich weiße hier gerne auch auf die BASGO hin, also die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen in Deutschland. Die sind genauso gemeinnützig wie wir und werden von Franz Müntefering geführt. Die machen dort eine wertvolle Arbeit!

Thema Senioren und Wirtschaft (II):  Senioren als Konsumenten: Bereit für ein qualitativ hochwertiges Produkt zu bezahlen.

Frimeso : Was macht den Konsumenten, der im Seniorenalter ist, deiner Meinung nach aus?  Wie sieht es mit der Wirtschaftskraft von Senioren heute aus?

Hackler: Keine Altersgruppe ist so heterogen, wie die der Senioren. Das betrifft einmal die persönlichen, aber auch die finanziellen Umstände. Es gibt den normalen Pensionär, der mit einer ganz normalen üblichen Pension aus dem Arbeitsleben ausgeschieden ist. Wir haben auch die Menschen im Blick, denen es nicht so gut geht.  Man kann auf der anderen Seite aber auch sagen, dass die ältere Generation im Durchschnitt über eine starke Wirtschaftskraft verfügt. Oft verfügen sie über eine gute Menge Geld, die sie auch im eigenen Interesse ausgeben. Allerdings ist es manchmal schwierig die richtigen Qualitätskriterien anzuwenden. Wir helfen Ihnen dabei, die richtigen Fragen zu stellen, damit sie kompetent die richtige Entscheidungsgrundlage treffen können. Wenn sie sich also ein Fotoapparat oder Fernseher kaufen, helfen wir durch unsere Informationen dabei, dass Konsumenten sich an die richtigen Verkäufer mit den richtigen Fragen wenden.

Generell kann man sagen, dass der ältere Konsument mit seinem Erfahrungswissen bereit für ein qualitativ gutes Produkt, oder eine hochwertige Dienstleistung ist. Er ist dann bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Er ist ein Wirtschaftsfaktor von enormer Bedeutung, national wie international.

Politik: Das zuständige Bundesministerium für Senioren: Politik aus einem Guss

Frimeso : Das für Senioren zuständige Ministerium ist das BMFSFJ, also Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.  Als Mensch, der einen Teil seiner Jugend in der Schröder-Generation verbracht hatte, musste ich beim Nachgucken an Gerhard Schröder denken: „Ministerium für Frauen und Gedöns“. Ich will es nicht lächerlich machen, aber es hört sich schon so an, dass ein Ministerium geschaffen wurde, indem ganz verschiedene Bereiche reingepackt wurden? Ergibt es Sinn, so viele verschiedene gesellschaftliche Gruppen miteinander zu verbinden?

Hackler: Es ergibt schon Sinn, dass man sich in einem Ministerium sowohl um den Aspekt der Familie, der Älteren, der Jüngeren, sowie der Frauen und Jugend kümmert, weil es da viele Überschneidungen gibt. Es geht immer darum, die Lebensqualität in der Gesellschaft und die gesellschaftliche Teilhabe sicherzustellen.

Ein Namensverwandter von mir konnte beispielsweise dort das Projekt „Wohnen unter einem Dach“ verwirklichen, also ältere und jüngere Leute, die zusammenleben und ihr Leben gemeinsam gestalten können. Die Rahmenbedingungen können durch die Politik mitgestaltet und finanziell unterstützt werden.  Auch gab es Untersuchungen, wie man beispielsweise leicht behinderte oder behinderte Menschen in einer solchen Wohngemeinschaft dann integrieren kann.

In dem Ministerium geht es aber auch um andere Fragen, zum Beispiel im Rahmen der Verkehrsstruktur: Wie bewegt sich der Senior demnächst im öffentlichen Verkehr? Der eine nimmt seinem Rollator, der andere geht am Stock, und der wiederum andere bewegt sich vollkommen frei und bleibt bis ins hohe Alter sportlich aktiv. Also, so wie ich es sehe, ist diese Zusammensetzung eine sinnvolle Konstellation. Es ist gut, dass diese unterschiedlichen Aspekte dort alle mitberücksichtigt werden können. Was Politik generell auch in anderen Ministerien betrifft, stoßen Pläne bezüglich unserer Senioren auf offene Ohren. Aber Seniorenpolitik bedarf schon der gesonderten Betrachtung durch ein Ministerium, weil die Ministerien untereinander natürlich wohl auch ein bisschen im Wettbewerb zueinanderstehen. Da will der Verkehrsminister mindestens genauso viel für die Senioren tun, wie der Wirtschafts- und Finanzminister und die Kanzlerin allemal. Seniorinnen und Senioren sind ein wesentlicher Faktor bei Wahlen auf allen Ebenen der Gesellschaft.

Frimeso : Das Ministerium ist also eher als eine Art „Koordinations-Ministerium“, dass sich als Schwerpunkt um die Belange der Senioren, Familie, Frauen und Jugend kümmert; – und dann die Arbeit zwischen den verschiedenen anderen Ministerien koordiniert?

Hackler: Damit es eine Politik aus einem Guss geben kann, ist das so, ja. Als Laie betrachtet ist das zumindest die Wunschvorstellung. Wenn man aber 40 Jahre Politik mitgestaltet hat, weiß man, Politik ist kompetitiv. Das Ministerium ist eine Relais-Stelle, das alles koordinieren kann.

In Realität gibt es dann auch andere Geschichten. Das wäre dann noch einmal so eine Sondersendung, wo wir uns mal über Anekdoten aus dem aktuellen politischen Geschehen unterhalten können, die in den letzten 50-60 Jahre so passiert sind. Ich stamme aus der sogenannten 68er Generation und daher erzähle ich hier ein Beispiel: Helmut Kohl hat oft auch erst am Kabinettstisch erfahren, was eine Ministerin oder Minister so vorhatten. Das war nicht immer schön für den Bundeskanzler, und das ist eigentlich bis heute auch so geblieben.

Senioren im Privatleben: Es ist hedonistischer und globaler geworden

Frimeso : Abschließend möchte ich auf das Thema Senioren im Privatleben zu sprechen kommen. Wie fühlt sich der Senior von heute? Fühlt er oder sie sich bei Zukunftsthemen wie zum Beispiel „Klimawandel“ oder bei „Corona“ ausreichend in den Diskussionen berücksichtigt? Nimmt er oder sie aktiv an solchen Diskussionen teil? Oder sagt er oder sie sich, „das ist wirklich was für die junge Generation. Damit habe ich nicht mehr so viel am Hut“?

Hackler:  Wir hatten schon festgestellt, dass kaum eine Altersgruppe so heterogen ist, wie die der Senioren. Deshalb ist die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben auch unterschiedlich gestaltet. Der eine liest zwei oder drei Tageszeitungen und guckt fern. Der andere interessiert sich für anderes. Es gibt die Leute, die sich in Vereinen und solche, die sich politisch engagieren.

Das Gefühl der älteren Generation kann man vielleicht so beschreiben, dass wenn man sie mit der Vorgänger-Generation vergleicht, ist es eher ein wenig hedonistischer geworden.
Das heißt, meine Oma hat noch Geld zurückgelegt, damit sie uns was geben konnte. Auch meine Eltern haben noch so gedacht. Wir sind eher schon so strukturiert, dass wir sagen: „OK, wir geben gern mit warmer Hand, aber wir geben auch gern Geld für uns selbst aus.“ Wir reisen gern. Wir können uns etwas leisten. Das ist so ein durchgängiges Gefühl, weshalb dann sich auch Seniorinnen und Senioren an uns wenden und sagen: „Ich will mir jetzt ein neues Handy kaufen“ oder ein Fahrrad, was seitdem Pandemie-Ausbruch sehr in Vogue ist.

Empfehlungen von uns, was das seniorengerechte Fahrrad, oder das seniorengerechte Handy ist, oder welche Fernsehanlage einfach zu bedienen ist, gibt es dann natürlich gern. Die Senioren fühlen sich in aller Regel mitgenommen und einige im technischen Bereich zurückgelassen. Dagegen arbeiten wir an.
Das Lebensgefühl ist auch ein globaleres geworden. Vor 20, 30 oder 40 Jahren ist der Senior oft nie mehr als 100 km über seinen Wohnort hinausgekommen. Heute ist der Senior mit dem Flieger unterwegs, bevölkert eine Unzahl von Schiffen auf Kreuzfahrten. Heute wollen die Leute fliegen. Sie fliegen auch einmal nur übers Wochenende weg.

Es gibt also schon riesige Unterschiede, vielleicht doch auch, weil es uns wirtschaftlich besser geht, und weil man das ja alles auch frei Haus als Angebot geliefert bekommt. Auch erleben wir die Anreize über die Medien. Und wenn man dann irgendwo im Ausland gewesen ist, dann sagt man sich vielleicht, es genügt nicht mehr mit dem Käfer über den Brenner zu fahren. „Dann fliege ich eben gerade mal nach Argentinien.“

Die Alters-Weisheit und Alters-Gelassenheit: Ein Vorurteil?

Frimeso :  Stimmt das Vorurteil, dass ältere Menschen über Alters-Weisheit und auch über Alters-Gelassenheit verfügen?

Hackler: Alters-Gelassenheit kann ich nur aus eigener Erfahrung beurteilen: Ja.
Man wird etwas ruhiger und gelassener im Alter. Es ist schon ein Unterschied, ob ich an abends um 11 Uhr in die Disco gehe, und dann bis drei durchfeiere, oder ob ich mit 70 mir abends eine Pastorale auflege und bei einem Glas Rotwein dann langsam ich den Fernseh-Schlaf rüber gleite.
Ja, die Gelassenheit im Alter gibt es. Und es gibt auch die Altersweisheit, denn man hat ja eine Menge Erfahrungen gesammelt. Man wird etwas ruhiger und differenzierter. Vielleicht ist man nicht mehr ganz so aufbrausend. Ob man philosophischer wird, weiß ich nicht. Hinsichtlich der theologischen und religiösen Themen will ich mich zurückhalten. Das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Der Freikirchler sagt einfach „näher mein Gott zu dir“ und der, der nicht glaubt, der sagt eben, „ok, gut, dann gestalte ich meinen Lebensabend so, dass ich eben sagen kann, ich habe gut gelebt, ich habe lange gelebt und das genügt mir“.

Frimeso : Die Deutsche Seniorenliga behandelt, eine Vielzahl von Themen, die wir gar nicht hier angesprochen haben. Für eine Vielzahl von Themen haltet ihr auch Informationsbroschüren bereit. Wie bekommt man die?

Hackler: Am besten schaut man mal ins Internet. Wenn man es sich selbst nicht kann, fragt man vielleicht den Enkel oder die Kinder. Die Themen, die die Seniorenliga bearbeitet, kommunizieren wir im Wesentlichen über die Medien, – also über Print und Online-Medien.
Das sind Themen, die sehr stark im Gesundheitsbereich angesiedelt sind, aber auch in den technischen Bereichen. Da geht es zum Beispiel um das sichere Zuhause oder um Notrufsysteme. Wenn man da sich kompetent machen möchte, kann man sich gerne an uns mit einem Brief oder Postkarte wenden. Die Deutsche Seniorenliga in der Heilsbachstr 32 in 53123 Bonn.

Wir senden dann gerne individualisiert und kostenlos diese Broschüren zu. Broschüren kann man auch im Internet herunterladen.

© 2020 FRIMESO Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte sind vorbehalten.

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Warum dieser Podcast – Die besten Jahre

Dieser Podcast soll seinen kleinen Beitrag dazu leisten, die Zielgruppe des älteren Bevölkerungsteils besser zu verstehen.  Wir sprechen mit Menschen, die in der Silver Economy zu Hause sind und hören so interessante Geschichten aus ihrem beruflichen und persönlichen Leben.

Wie haben sie es geschafft Krisen, berufliche Wechsel oder den Ruhestand als neue Möglichkeiten der Selbstverwirklichung zu verstehen? Auch reden wir mit ausgewiesenen Experten auf dem gesellschaftlichen Gebiet der Seniorenpolitik.

Wir bauen eine Brücke zwischen Menschen bzw. Organisationen, die einerseits diese Zielgruppe erreichen wollen, sowie der Zielgruppe selbst.

Die älteren Menschen unter uns spielen eine aktive Rolle in unserer Gesellschaft. Viele wollen selbst noch eigene Ideen verwirklichen, noch einmal durchstarten, und wollen so der Gesellschaft mit ihren Fähigkeiten dienen.

Die „Best Ager“ als immer wichtigere Zielgruppe

Ältere Menschen (, also Menschen ab 45,) machen im deutschsprachigen Raum die Hälfte der Bevölkerung aus.  Ende 2019 waren laut Statista 23,6 % der Bevölkerung zwischen 40 und 59 Jahre alt. 23.74 % waren noch älter.  Es sei noch erwähnt, dass es ein große Gefälle gibt, und dass wir grob gerechnet mit nur 15 % Minderjährigen auskommen müssen.

Die draus folgende wirtschaftliche Bedeutung dieses Segments hat schon längst dazu geführt, dass sich Unternehmen aller Industrie-Bereiche auf diesen demografischen Wandel eingestellt haben.

Während unserer Interviews wurde schnell deutlich, dass ältere Menschen immer selbstbewusster werden. Sie reisen, verlieben sich neu oder genießen mit ihren langjährigen Partnerinnen und Partnern jeden Tag ihres Lebens; – genauso wie es sein soll, aber wie es vor ein oder zwei Generationen nicht möglich war.

Gemeinsam eine Brücke über die behauptete digitale Zweiteilung bauen

Aber natürlich verlassen sich ältere Menschen oft auch noch auf die traditionellen Medienkanäle. Daraus ergeben sich große Herausforderungen für einen riesen Markt, der sich möglicherweise durch die zunehmende Digitalisierung überfordert oder von dieser nicht abgeholt fühlt.

Aus unseren Familien kennen wir alle persönliche Geschichten zum Thema digitale Zweiteilung. Ich glaube, sofern es sie denn gibt, ist sie unnötig. Vor allem aber ist sie überwindbar. Ich möchte nicht warten, bis die ältere Zielgruppe in der digitalen Medienwelt so angekommen ist, wie die 16-Jährigen unter uns bereits heute. Das ist auch gar nicht notwendig. Ich möchte, dass wir alle schon jetzt an der digitalen Revolution teilhaben können.

Dieser Markt ist aus den eben genannten Gründen eben nicht abgehängt. Genau das Gegenteil ist der Fall: Die Silver Economy beeinflusst den Digitalisierungsprozess und wirkt auf die Entwicklung neue Produkte und Innovationen ein. Aber trotzdem ist es für Unternehmen naturgemäß im digitalen Bereich einfacher über Influencer, die sozialen Medien und guten Content mit den Jüngeren in unmittelbaren Kontakt zu treten.

 

Fragen, die wir in unserem Podcast diskutieren werden

Also, wie erreichen wir die ältere Zielgruppe?  Welche Erwartungen stellen Ältere an Produkte, die sie konsumieren? Was sind eigentlich die Inhalte, die Ältere interessieren?  Wen folgen sie in den sozialen Netzwerken? Was hindert uns daran, die digitale Zweiteilung zu überbrücken?
Oder noch allgemeiner: Wie bereiten wir uns auf das Alter vor? Was gibt es für Möglichkeiten, sein individuelles Älterwerden zu gestalten? Wie gehen ältere Mitmenschen und deren Familien mit Pflegebedürftigkeit um?

Es ist Zeit für unseren Podcast und unsere Blog-Serie. Gemeinsam machen wir uns auf die Suche nach Antworten