Episode 5 – Dr. med. Stefan Woinoff, Der Experte für die Liebe

Eine Liebe ist immer groß

 

Zur Person Dr. Woinoff:

Herr Dr. Woinoff ist seit über 30 Jahren niedergelassener Arzt und Psychotherapeut mit eigener Praxis im Herzen von München. Neben der Einzeltherapie widmet sich Woinoff der Paartherapie sowie der Gruppentherapie.
Woinoff ist auch Autor von zwei Büchern. Die Idee für sein Buch “Überlisten sie Ihr Beuteschema“   entstand, als er merkte, dass ihn immer mehr Frauen zwischen 35 und 40 Jahren aufsuchten, die beruflich alles richtig gemacht hatten, aber nicht den richtigen Partner fürs Leben fanden. Dies lässt darauf zurückzuführen, dass Frauen oft nach jemanden suchten, der ihnen auf beruflicher Ebene mindestens gleichgestellt sei. Die beruflich unabhängige Frau sollte aber eher nach ihrem Herzenskandidaten Ausschau halten.  Der Beziehungsratgeber “Er steht auf Dich!” erklärt, wie man mit seinem Charaktertyp am besten einen Partner findet, und dass sich unterschiedliche Charakterzüge wunderbar ergänzen können.
Schließlich berät Woinoff auch noch das Kennenlern-Portal 50plus-treff.de, wo er die Botschaft unterstützt, dass Menschen ab 50 die Freiheit haben einen Partner zu wählen. Man könne sich wieder ganz neu, wie etwa in der Jugend und in der Studentenzeit, verlieben.

Beziehungen im Wandel

Frimeso: Wie haben sich Beziehungen im Laufe Ihrer langjährigen Tätigkeit verändert?

Woinoff: Männer hatten früher klassische Anforderungen als Ernährer zu erfüllen. Die Frauen nahmen oft die Rolle der Hausfrau ein. Das hat sich alles gewandelt. Karriere und Bildung spielen die gleiche Rolle wie bei den Männern. Die Anforderungen sind für beide Seiten dabei deutlich gestiegen. Jetzt sind beide Geschlechter für alles zuständig.

„Singles fühlen sich in Zeiten von Corona noch einsamer als zuvor“

Frimeso: Viele Alleinstehende trifft die derzeitige Corona-Krise besonders hart. Fühlen sich Singles in diesen Zeiten besonders einsam?

Woinoff: Singles fühlen sich oft noch einsamer, als sie sich schon vorher gefühlt haben. Die Tatsache, dass sie zu Hause im Homeoffice sitzen und aufgrund der Bestimmungen auch nicht eingeladen werden, ist ein Riesenproblem. Eine Patientin erzählte mir, dass ihr einfache Berührungen mit den Kollegen am Morgen fehlen. Seit Wochen hat sie kein Mensch mehr berührt. Wenn dann noch die Familie weit weg wohnt, ergeben sich daraus schwierige Situationen.

Frimeso: Können junge Menschen sich wie alte Menschen einsam fühlen, oder fühlt man sich eher allein?

Woinoff: Das Gefühl einsam zu sein, können alte und junge Menschen gleichermaßen haben. „Einsam sein“ und „allein sein“ ist dabei nicht unbedingt dasselbe. Man kann allein sein und fühlt sich nicht einsam. Man kann sich einsam fühlen und ist dabei mitten in einer riesigen Gesellschaft. Einsam ist eigentlich das Gefühl von allem ausgeschlossen zu sein. Gehirnmorphologische Untersuchungen haben ergeben, dass dieses Gefühl der Einsamkeit dort funkt, wo im limbischem System  das Schmerzzentrum sitzt. Einsamkeit tut weh! Es ist ein lebensbedrohlicher, emotionaler Zustand. Das lässt sich aus der Evolutionsgeschichte herleiten.  Damals konnte man nur in Sippen überleben. Der der ausgeschlossen wurde, war dem Tod preisgegeben.

Dr. Stefan Woinoff: Er steht auf dich
Dr. Stefan Woinoff: Er steht auf dich

Die große Liebe – Jede Liebe ist groß!

Frimeso: Gibt es eigentlich die „große Liebe“?

Woinoff: Gegenfrage: Gibt es eigentlich eine kleine Liebe? Nein, jede Liebe ist groß! Liebe ist ein wunderbares Gefühl. Mann kommt heraus aus dem Nebeldunst des Verglichen-Werdens und des ständigen Abwägens. Liebe ist wonach wir alle mit Recht streben. Manchmal sind Menschen unheimlich ineinander verliebt, passen aber dann im Alltag nicht zueinander. Sie sagen dann oft, „das ist immer noch der Mann oder die Frau, mit dem ich meine Familie gründen will.“  Auch das ist ok.  Eine ruhige Liebe kann eine große Liebe sein.

Frimeso: Wieviel Prozent der Ehen oder Partnerschaften halten „ewig“? Wie viele glückliche Ehen gibt es?

Woinoff: Die Scheidungsrate hat wieder deutlich abgenommen. Ein Drittel der Ehen lassen sich scheiden. Die durchschnittliche Ehe hält 14 Jahre. Viele Ehen lassen sich entweder früh scheiden, etwa mit dem ersten Kind und dann wieder später, wenn die Kinder aus dem Haus sind.

„Corona wird mehr Kinder hervorbringen und auch mehr Scheidungen.“

Frimeso: Viele Partner arbeiten heute aufgrund der Corona-Krise den ganzen Tag zu Hause. Abends gibt es auch nicht viele Möglichkeiten, sich aus dem Weg zu gehen. Ist die Corona – Krise ein Beziehungskiller?

Woinoff:  Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Einige finden das ganz gemütlich und sitzen dann noch abends mit dem Partner und den Kindern zusammen. Die, die sich im Urlaub gut verstehen, verstehen sich auch generell gut während der Pandemie. Diejenigen, die sich nur noch verstehen, weil man sich aus dem Weg geht, gehen sich zurzeit ganz schrecklich auf dem Wecker. Dann kracht es auch mal. Corona wird mehr Kinder hervorbringen und auch mehr Scheidungen.

Frimeso: Oft leben sich ältere Paare auseinander, die schon länger miteinander zusammen sind. Was sind die genauen Gründe für eine Trennung?

Woinoff: Die Gründe sind im Einzelfall unterschiedlich. Grundsätzlich trennen sich Menschen aus zwei Hauptgründen: Sie hoffen, dass es was Besseres gibt, oder sie sind einfach in ihrer Beziehung unglücklich. Die Trennung geht oft eher von den Frauen aus. Sie sucht sich mit 30 den Mann für die Familiengründung und wendet dementsprechend bei der Auswahl objektive Kriterien an. Ob er Seelenpartner oder sexuell der ideale Partner ist, spielt dabei oft nicht die entscheidende Rolle. Wenn die Kinder dann aus dem Haus sind, überlegt sie sich, ob sie denn wirklich ihr Leben lang mit diesem Partner zusammenleben will. Unzufriedenheit gibt es sowohl bei Männern und Frauen. In meiner Praxis erlebe ich aber, dass Männer sich eher mit der jeweiligen Situation arrangieren. Der Mann behält eher ganz im Sinne einer soliden Doppelmoral den Schein und macht weiter.

Liebe und Einsamkeit im Alter

Frimeso: Gibt es eigentlich Menschen, die sich bewusst dafür entscheiden, allein zu leben und keine Partnerschaften einzugehen?

Woinoff: Das gibt es schon. Menschen haben dann in der Regel andere Bezugspersonen, zum Beispiel die Kinder. Es muss also nicht immer der Partner sein. Es gibt, übrigens, auch einige, die sich nicht mehr trauen, weil sie schon einmal das „Gesamtpaket“ hatten und es nun nicht wieder wollen. Man kann aber auch eine Beziehung führen, in der man nicht zusammenwohnt, und wo man nur die Sachen macht, die man eben gerne und gut zusammen macht.

Sex und Zärtlichkeit im Alter: Ein unnötiges Tabu, dass unbedingt aufgegeben werden muss.

Frimeso: Ein Tabuthema scheint immer noch das Thema Sexualität in älteren Lebensjahren zu sein. Ist Sexualität wichtig oder nimmt ihre Bedeutung im Laufe des Lebens ab?

Woinoff: Die Bedürftigkeit nach Sex nimmt natürlich im Laufe der Zeit ein wenig ab. Das wird aber kompensiert durch ein stärkeres Bedürfnis nach Zärtlichkeit und nach Berührung. Viele alte Menschen werden nicht mehr berührt. Das liegt auch daran, dass vor allem in der Werbung Sex und Zärtlichkeit immer mit schönen, jungen Menschen verbunden wird. Die alten Menschen trauen sich dann nicht mehr, diese Bedürftigkeit auch zu zeigen. Aber das ist falsch. Es gibt genügend alte Menschen, die sich genau das geben. Zärtlichkeit und Sexualität kann bis ins höchste Alter stattfinden. Dieses Tabu sollte unbedingt aufgegeben werden.

Glücklich sein trotz Trauer

Frimeso: Wenn der Partner oder die Partnerin stirbt, trauert naturgemäß der oder die andere. Wie lange hält Trauer vor und wie begegnet man Trauer und Einsamkeit am besten?

Woinoff: Es gibt viele Möglichkeiten der Trauer zu begegnen, aber das zuverlässigste Mittel ist die Partnerschaft. Auch die Dauer ist unterschiedlich. Ein Jahr sollte man sich auf jeden Fall zugestehen zu trauern. Es gibt Menschen, die ein Leben lang ein bisschen trauern. Sie können aber trotzdem glücklich sein und auch eine neue Partnerschaft eingehen. Normalerweise gibt es verschiedene Trauer Phasen:  Nach der anfänglichen Schock- und Stressreaktion, die durch einen erhöhten Cortison- und Adrenalin-Ausstoß gekennzeichnet ist, gelangt man dann in ein anderes Nervensystem, dem sog. Parasympathikus, wo es dann zur Beruhigung, aber auch zu einem Gefühl der Bedrücktheit bis hin zur Depression kommt. Man sollte sich diesen Phasen unbedingt hingeben und sie zulassen. Irgendwann wird wes besser, und es kommt zur Neuorientierung.

Frimeso: Ist Liebe im Alter anders als Liebe in jungen Jahren?

Woinoff: Liebe ändert sich. Trotzdem kann Liebe im Alter auch verrückter sein als unter jungen Menschen, die sich manchmal einem Optimierungswahn hingeben. Wenn erstmal die Glückshormone zuschlagen, dann steigen die Luftballons genauso auf.  Im Alter akzeptiert man sich mehr so wie man ist.  Die vielen Dinge, die einem selbst stören, sind oft die Dinge, die der Partner gerade mag. Man weiß oft gar nicht, was man für Reichtümer hat, weil man sie als selbstverständlich erachtet. Und für den anderen ist das was ganz Tolles und Neues. Das wollte ich auch in meinem Buch  “Er steht auf Dich!” darlegen. So wie man ist, ist man genau richtig! Perfektion und Menschlichkeit schließen sich aus. Niemand ist perfekt!

Frimeso: Was tun gegen Einsamkeit? Haben Sie Tipps? Liebe im Internet?

Woinoff: Die Liebe im Internet zu finden ist heute möglich und Sie bietet eine sinnvolle Ergänzung zum Kennenlernen in der freien Wildbahn. Natürlich bleibt das Kennenlernen in Alltagssituationen relevant wie eh und je. Aber Online -Portale wie 50plus-treff.de sind heute sehr seriös und benutzerfreundlich und vertrauenswürdig.  Auch fühlen sich ältere Menschen bei solchen Partnern Börsen unter sich und konkurriert nicht mit den jungen Menschen. Ich kann den Menschen nur Mut machen, auch diese Portale auch zu benutzen.

Weitere Informationen:

• zum Moreno Institut für Psychodrama, Soziometrie und Gruppenpsychotherapie Edenkoben / Ueberlingen: https://www.moreno-psychodrama.de/
• zur Single-Plattform für Menschen ab 50: https://www.50plus-treff.de/
• zur französischen Version der Single-Plattform für Menschen ab 50: https://www.club-50plus.fr
• zur Tätigkeit von Herrn Dr. Woinoff: http://woinoff.de/

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